Nun wurde es ernst. Wir verließen unser Winterquartier in Marina di Ragusa und segelten in einem Rutsch bis Syrakus auf die Ostseite Siziliens. Zu unserem Absprungort für den Nonstop-Törn nach Griechenland.
Hatten wir vorab noch geplant, einen Zwischenhalt in Marzamemi am Südostkap einzulegen, war davon nach der Windvorhersage keine Rede mehr. Perfekter West- und später Südwestwind würde uns bis in die bekannte Ankerbucht vor Syrakus schieben. Und diesen Wetterbericht hatten alle Segler in MdR gelesen, entsprechend groß war der Andrang an der Hafenausfahrt. Letztendlich waren wir eine Flottille von neun Schiffen, die morgens fast zeitgleich den Törn in den Osten startete.
Wir segelten in enger Nachbarschaft zu Hans-Peter, der einhand auf seiner DONNA FUGATA unterwegs war. Zügig konnten wir alle Segel setzen, zeitweise bei Leichtwind unseren Gennaker, aber schnell nahm die Windstärke zu und bescherte uns ordentlich Schub und Wellenberge. Wer frei von Seekrankheit ist, kommt im Video daher voll auf seine Kosten 😉 .
In so einem lockeren, informellen Verbund zu segeln, gab ein gutes Gefühl. Die MARLY an der Spitze informierte immer mal wieder über Funk, was sich vorne so tat. Da gab es Delfine und Schildkröten – bei uns hatten die da leider schon abgedreht 🙁 – aber auch die Warnung vor einem großen Treibgut. Wie wir mit so einer Information umgingen und welche Hilfsmittel unser Navigationstool da bietet, zeigen wir im neuen Video.
So rasant und glücklichmachend wir auch vorankamen, so schnell war die Freude vorbei, als wir auf den letzten Meilen ein Segel einbüßten 😳😱. Hatte die Vorhersage uns ein breites Leichtwindband südlich vor Syrakus angezeigt, wechselte dieser Leichtwind innerhalb von zwei Minuten wie aus dem Nichts von schwach zu Windstärke fünf und drehte auch noch dabei. Wir konnten nicht mehr angemessen reagieren, der Druck auf den Gennaker war zu hoch, und dies Segel gab an einer vermeindlich porösen Stelle nach. Ist wirklich ein schräges Geräusch, irgendwas zwischen Knallen, Zischen und Reißen, wenn sich 95 Quadratmeter in Einzelteile auflösen.
Wichtig war dann, schnell zu reagieren. Nicht auszudenken, wenn das große Tuch unter den Rumpf gezogen wird und sich im Propeller verheddert. Also, ruckzuck nach vorne, Restsegel zu fassen bekommen und zügig über die Reling an Deck ziehen. Wie es dann final aussah, könnt Ihr auch gleich im Film sehen.
Farbenfroh bleibt es aber auch in diesem Zustand…😉😉
Es fühlte sich ein bisschen vertraut an, wieder in Syrakus zu ankern. Uns gelang es tatsächlich, fast dieselbe Ankerstelle zu nutzen, wie noch im Herbst letzten Jahres bei unserem ersten Besuch dort. Anders als damals, hatten wir nun allerdings Probleme mit den Ankergrund. Oder besser, Probleme mit unserem Anker, der Kette und unserer Ankerwinsch. Ist schon doof, wenn du aus dem Ankerfeld auf einmal Rufe hörst “You are drifting” – eurer Schiff driftet… Und noch doofer, aber vollkommen logisch ist, dass in solchen Momenten keine Windstille herrscht, sondern böiger Wind mit WS 5 für ordentlich Wellengang sorgt. Als sich dann noch die Kette verhakte und Micha gut 30 Minuten Kopf über im Ankerkasten werkelte, war das Ganze nicht mehr spaßig. In dieser Zeit habe ich versucht, unser Schiff im Wind zu halten und möglichst wenig zu fahren. Immerhin hing der Anker noch an einem Stück Kette und schwang unter Wasser herum. Dann irgendwo hängen zu bleiben, wäre fatal. Zum Glück passierte das alles am Rande des Ankerfeldes; andere Boote und auch wir waren zu keiner Zeit gefährdet.
War aber eine anstrengende Stunde, bis wir wieder sicher an der Kette hingen. Von den technischen Folgen ganz zu schweigen. Wie eigentlich immer, fand Micha eine Zwischenlösung, die uns weiterhin vorsichtiges Ankern ermöglichte. Aber, es brauchte deutlich mehr, um wieder sorglos ankern zu können, und in Syrakus konnten wir das nicht mehr lösen.
Gemeinsam mit Hans-Peter bummelten wir durch die schöne Altstadt
und bewunderten das klare Meereswasser und die schönen Farbkontraste an der Uferseite.
Einen großen Schwerpunkt legten wir auf die finalen Vorbereitungen für die lange Überfahrt nach Griechenland. Dies würde unser längster Törn in einem Stück werden. 260 Seemeilen bedeuten bei unserer Schiffsgröße und unserer geschätzten Durchschnittsgeschwindigkeit von fünf Knoten Fahrt rund 50 bis 60 Stunden Dauer.
Unsere Biskaya-Querung betrug vor zwei Jahren “nur” 200 Meilen, somit war nur eine Nacht inkludiert. Und da wir unbedingt bei Tagesanfang in Griechenland ankommen (und gleich wieder ankern wollten), würden es diesmal zwei Nächte werden.
Dies galt es also gut vorzubereiten. Und dazu gehört, wie natürlich sonst auch am Anfang der Saison, die Inbetriebnahme unserer Entsalzungsanlage, unseres Watermakers. Vorkochen ist ebenfalls ‘überlebenswichtig’ 😉 ;-). Dazu ein Wetterrouting, das wir erstmals in WINDY PREMIUM planten. Sehr praktisch, wie sich die Windvorhersage entlang einer Route über mehrere Tage (ohne Internetverbindung) erstellen und speichern lässt. Erklären wir aber auch gleich mal im Detail.
Tja, und keine Vorbereitung ohne ‘worst-case-Szenarien’. Sollten wir Feuer oder erheblichen Wassereinbruch an Bord haben und in unsere Rettungsinsel umsteigen müssen, braucht es Notfallsäcke. Sogenannte Grabbags. Je nach Revier und Region gibt es unterschiedliche Inhaltsempfehlungen. Wir haben uns eine umfangreiche Liste erstellt und die Taschen vorgepackt.
Um was es sich da im Einzelnen handelt, warum wir dies und jenes mitnehmen und was wir für besonders wichtig erachten, beschreiben wir im Film.
Nun also, 22 informative und unterhaltsame Minuten erwarten Euch. Viel Spaß dabei.
- Etappe von MdR nach Syrakus – 59 Meilen in elf Stunden, fast nur segelnd 🙂
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