Noch mit leicht geschlossenen Augen verließen wir Hörvik am Dienstag Morgen, um die anstehende Strecke unter Motor möglichst früh bei glatter See zu absolvieren.
Der erste Kaffee und das Müsli sorgten nach 15 Minuten für einen wacheren Blick und die notwendige Stärkung, um kurze Zeit später Segel zu setzen. KREUZEN war die große Überschrift des Tages.
Wenn man südwestwärts fährt und der Wind aus dieser Richtung kommt, bot sich das bei zunehmender Windstärke geradezu an. Gestartet sind wir mit einem langen Schlag nach Westen, in Richtung Küste. Und ich musste einfach mal die Segel aus einer unüblichen Perspektive einfangen:
Und so ist es entstanden: 🙂
Dann kam Micha die Idee, unser drittes, das kleine Vorsegel in Betrieb zu nehmen. CARLOTTA ist ja mit einer Selbstwendeanlage ausgestattet, die in Verbindung mit dieser Fock (wir nennen sie aufgrund ihrer “Größe” eher Sturmfock 😉 ) betrieben wird und für äußerste Hart-am-Wind-Kurse bei starkem Wind prädestiniert ist. Das Segel dürfte original aus dem Jahr 2001 sein, wurde von den beiden Yacht-Vorbesitzern wohl so gut wie nie genutzt und fühlt sich daher fast wie neu an. Die Inbetriebnahme ist mit deutlich mehr Aufwand verbunden, als einfach eine Roll-Genua auszufahren, die fest montiert ist. Aber, die Welle war noch klein und die Gelegenheit günstig.
Also schnappten wir uns die Halterung für das Kutterstag, schraubten diese Verbindung vorne auf dem Vordeck fest, spannten das Stag, klickten die Stagreiter vom Segel ein, befestigten den Schothorn-Schäkel an der Selbstwendeanlage und holten die Schot dicht. Da stand es, unser drittes Segel an diesem Tag.
Denn, wir hatten Genua und Großsegel nicht eingeholt, und segelten jetzt mit diesem Dreiergespann – und zwar um 0,5 Knoten schneller durch einen saustarken Düseneffekt zwischen den Vorsegeln 😎 .
Bald gab der Wind Gas, und wir testeten die Eigenschaften des kleinen Vorsegels ohne Genua. Tja, da wurde die deutlich kleinere Segelfläche spürbar – ok, unsere Krängung wurde auch geringer, aber so schlimm war diese ja noch nicht gewesen. Nach der nächsten Wende entschieden wir uns, das Experiment zu beenden und wieder auf Genua umzusteigen.
Das heißt, alles retour: Abbauen und Einpacken >> auf dem Foto gut als kleiner Schlenker zu erkennen. Aber eben nicht unter voller Fahrt, da die Wellenhöhe zunahm und wir an Deck keinen festen Stand mehr hatten.
Und während wir da so hart am Wind wie möglich segelten, näherte sich dieses hübsche Exemplar.
Ein wunderschönes, altes Segelschiff, das auch zwei Vorsegel nutze, härter am Wind (also auf direkterem Kurs nach Simrishamn) fahren konnte und halt schneller war als wir. Zuerst haben wir die Yacht ja noch ordentlich bewundert, aber, je dichter die kamen, desto weniger witzig war das. Immerhin muss der Überholende die Vorfahrt beachten, hätte kurz nach rechts abfallen und hinter uns durchgehen können. Aber nein, diese Knallköppe spielten Arroganz-Regatta und querten ganz knapp vor uns rüber. Da hätten wir uns fast die Hand reichen können. Schwachköpfe, elende! 😈
Zurück zu dem Google-Foto: was man in dieser Zickzack-Linie auch gut erkennen kann, ist die Veränderung der Windrichtung. Nach Osten fahrend, also raus auf die See, kamen wir unserem Ziel immer ganz gut näher. Nach der Wende aber konnten wir den südlichen Kurs nicht halten und fuhren fast schon wieder nordwärts. Und das bei mittlerweile satten fünf Windstärken.
Die Wellen konnten viel Anlauf nehmen und spielten Türmchen-Bauen. Für die letzten Meilen stiegen wir dann mal wieder auf das Eisensegel um und wühlten uns durch die Wellen. Hier spürten wir ganz klar den Unterschied zur MATILDA. Ein Langkieler pflügt sich durch die Wellen und verschafft sich eine Art Schneise. Ein Kurzkieler fällt abrupter in das Wellental und stoppt bei entsprechender Höhe fast auf. Und das knallt ganz gewaltig. 🙄
Wir haben mal eine Abfolge der verschiedenen Segel- und Wellenerlebnisse zusammengefasst, die Euch die zunehmende Wellenhöhe und ihren Splashfaktor vors Auge führen:
Und jetzt gibt es noch etwas aus der Rubrik “Finde den Fehler” !!
Dies ist der Blick aus dem Decksalon durchs vordere Fenster auf die beiden Doradelüfter, die uns üblicherweise unter Deck mit Frischluft versorgen – wenn ihre Öffnung in die passende Windrichtung gestellt ist. Die Betonung liegt auf “nur mit Frischluft” – und nicht mit Seewasser!!! 🙁 Ich hätte mich also gar nicht wundern müssen, als ich, in der Pantry stehend, von oben plötzlich vollgetropft wurde…. 😉
In Simrishamn war dann alles wie gehabt: ein ruhiger Hafen (der übrigens voll war, da kaum einer der Gäste an dem Tag raus in die Wellentäler und fünf Windstärken wollte), ein Liegeplatz an einem gut begehbaren Steg (ging also auch ohne Mooringstick) und ein leckeres Abendessen in der fußläufig entfernten Innenstadt. Bon nuit.
6.8. von Hörvik nach Simrishamn – 42. Etmal
35 Seemeilen: 16 Segel / 19 Motor
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.