Wie war das noch mit den Terminen im Urlaub? Eigentlich sollen sie nicht vorhanden sein, aber einer nahte nun doch.
Hintergrund ist unser neuer Volvo Penta Motor, der aus Garantiegründen nach 50 Betriebsstunden eine erste Wartung durch eine lizensierte Werkstatt erfahren sollte. Vor gut zehn Tagen und mit rund 34 Motorstunden auf der Uhr hatten wir die Suche nach einer passenden Werft bzw. einem Bootsservice entlang unserer Route aufgenommen. Wir wähnten uns rechtzeitig, da ja aus technischer Sicht keine Not bestand und diverse Anbieter auf ihrer Homepage mit durchgehendem Betrieb im Sommer warben.
Allerdings schloss dies wohl eine telefonische Erreichbarkeit bzw. Rückruf-Verbindlichkeit aus. Und so machten wir uns einfach auf den Weg, um bei einem vorstellig zu werden.
Erstmal hieß das nun, in der Rushhour auf Stockholms Ausfallstraße gen Osten zu fahren. Wir hatten Gegenwind und bei der Verkehrsdichte wirklich keine Lust zu Kreuzen. Eine repräsentative Auswahl an schnellen, lauten, großen und auch besonders schönen Weggefährten zeigt dieser Film:
Gut zwei Stunden dauerte unsere Tour nach Rindö, wo wir nachmittags einliefen. Ein guter Platz wäre neben weiteren Segelschiffen im linken Hafenbecken am Kai gewesen, aber das Hinweisschild verwies uns auf die Gästeplätze mit kleinen Auslegern rechts. Alles eher für Motorboote, die einen Ausflug zum angrenzenden Restaurant machten…aber, nun gut, wir schoben CARLOTTA in eine schmale Lücke und schauten uns schon mal neugierig nach der Werkstatt um. Ehe wir sesshaft werden konnten, verwies man uns an einen anderen Liegeplatz – war halt doch ein Eignerplatz – und wir zogen kurzerhand nochmal um.
Rindö entpuppte sich als netter Hafen mit modernisierten Steganlagen inklusive eines neuen Sanitärhäuschens, bei dessen Neubau allerdings die Wasserleitungen vergessen wurden… 😆
Am nächsten Morgen stand Micha um Punkt acht Uhr am Bürotresen der Werkstatt, der Mechaniker hörte sich unseren Wunsch an und musste das erstmal prüfen. Drei Stunden später kam ein klares Nein mit dem Hinweis auf eine Terminmöglichkeit für nach dem 22. Juli. – ach, doch so schnell??!! Na ja, so lange wollten wir nicht in Rindö bleiben 😀 und auch auf dem Rückweg dort nicht wieder anlegen. Neues Spiel, neues Glück, nächsten Betrieb angerufen und doch tatsächlich den Chef erreicht, der uns die Wartung für den kommenden Morgen zusagte. YES! You made my day!! Ob wir an seine Steganlage passen würden, war zwar nicht ganz klar, aber, was soll’s, wir wollten den Versuch wagen.
Nun hatten wir erstmal vier Stunden Fahrt vor uns bis zur Übernachtungsmöglichkeit im Werkstattnahen Hafen Furusund. Ein Blick zurück auf den Hafen Rindö,
und vorbei an den historischen Festungsanlagen von Vaxholm.
Es waren fünf bis sechs Bft. mit stärkeren Böen vorhergesagt, die uns ruckzuck durch das Fahrwasser nach Nordosten trieben. Mal wieder herrliches Genuasegeln mit achterlichem Wind.
Furusund ist einer der Absprunghäfen nach Finnland,
entsprechend viele, größere Yachten lagen schon dort – tatsächlich auch immer noch zwei, drei deutsche Segler inklusive eines Paares aus Greifswald, die wir letztes Jahr in Kalskrona kennen gelernt hatten. So klein ist die Welt… Die beiden Kreutzer-Bojen vorm Hafen, mit denen wir noch geliebäugelt hatten, waren “natürlich” belegt – selbstredend ohne Kreutzer-Hinweis. Insofern haken wir das Thema mal ab und werden diese Mitgliedschaft nächstes Jahr sicher nicht wiederholen.
Dienstag Morgen, 06.30 Uhr weckte uns die innere Uhr, und wir motorten die kurze Strecke von drei Meilen bei strammem Wind zur Werkstatt. Mit bangem Blick näherten wir uns dem kleinen Hafen, in dem einige Motorboote lagen. Ehe wir uns versahen, standen zwei Mitarbeiter am Kai, winkten uns heran und halfen beim Anlegen.
Wir konnten gar nicht so schnell gucken, wie die ihre professionelle Arbeit starteten, einfach toll!
Wie wir vermutet hatten, dauerten Öl- und Filterwechsel keine Stunde,
und schon konnten wir Östernäs in Richtung Gräddö, “unserem” Absprunghafen zu den Alands, verlassen. Herzlichen Dank nochmals.
Es dauerte nur wenige Minuten bis wir aus der Inselabdeckung heraus waren und schon knallten Wind und Welle auf unseren Bug. Segeln wäre kein Spaß gewesen, und so haben wir uns eingemummelt hinter der Sprayhood verkrümelt und den Motor laufen lassen.
Die Kartenabbildung des Hafens Gräddö versprach ausreichend vernünftige Liegeplätze, die uns vor dem unangenehmen Wetter schützen sollten. Letztendlich standen Gastliegern aber nur zehn geschützte Plätze im inneren Hafenbecken zur Verfügung – diese waren alle belegt, und außen tanzten schon drei Yachten heftig in den Wellen. Wir probierten dort rückwärts anzulegen, um den Bug gegen den Wind auszurichten, wurden aber bei der Annäherung zu sehr vertrieben. Keine Chance. Dann also nochmals rein in das Hafenbecken und die eine, kleine Lücke anvisiert. Der Steg wurde nämlich durch eine Mini- Brücke in zwei Teile getrennt, die natürlich nicht als klassische Anlegestelle gedacht war. Uns war das vollkommen egal, ich turnte mit lebhaftem Winken auf unserem Vorschiff herum, bis die Besitzer der benachbarten Schiffe heraus kamen und sich mit zusätzlichen Fendern bewaffneten. Problemlos drückten wir uns dazwischen und lagen nach wenigen Minuten fest in dieser Lücke. Passt, wackelt und hat Luft!
Abends beruhigte sich das Wetter, DAISY hatte ein Frischluftbedürfnis,
was auch irgendwann mal wieder ein Ende haben musste:
Und dann dies Himmelsbrennen beim Sonnenuntergang – traumhaft:
Der für Mittwoch vorhergesagte Wind war für uns und in Sachen Finnland nutzlos, und so blieben wir einfach noch in Gräddö. Wir hatten ein nettes Lokal entdeckt und planten einen Abendbesuch zu Grillbuffet und Live-Musik. Wen wundert’s? Selbst in solchen Kleinst-Orten auf einer Insel finden sich heimelige Sommerevents vom Feinsten.
DAISY düste nochmals los und verschaffte uns eine Ansicht auf eine der ganz typischen Inseln in der schwedischen Schärenlandschaft.
Spannend wurde es am frühen Nachmittag, als recht überraschend Wetterkapriolen heran nahten.
Zwei Yachten schafften es noch mit den ersten Sturmböen und Tropfen im Hafen anzulegen, und dann brach es auch schon los.
Als es aufhellte, traf noch eine Yacht neben uns ein, deren Crew erstmal das Cockpit von den Hagelkörnern befreite, die sich dort während des Unwetters auf See bei ihnen angesammelt hatten. Agnes und Klaus, zwei Deutsche, die in Helsinki leben, waren aber guter Dinge, hatten alles blessurenfrei überstanden und begleiteten uns abends auf die Grillparty.
Bei Wein und Musik erhielten wir viele wertvolle Tipps zu den Alands und freuen uns nun schon sehr auf das Archipelago im Westen Finnlands.
30.6. von Stockholm nach Rindö – 14. Etmal – 12 Meilen unter Motor
1.7. von Rindö nach Furusund – 15. Etmal – 4 Meilen Motor / 20 Segel
2.7. von Furusund über Östernäs nach Gräddö – 16. Etmal – 11 Meilen unter Motor
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