Hafenbanausen

Banausen sind ja Personen, denen die Fähigkeit fehlt, in angemessener Weise mit Dingen umzugehen, die von Kennern geschätzt werden ( > eine Teilerklärung laut Wörterbuch). Insofern stellt sich in unserem Fall die Frage, aus welchem Blickwinkel wir das Thema betrachten. 😀

Wir sind ja auf der Rückreise seit Sonntag und geben diesem Part unseres Törns lieber den Namen “Weiterfahrt”. Immerhin klappern wir nicht die schon bekannten Häfen oder Ankerplätze ab, sondern nutzen vor allen Dingen in den Alands uns unbekannte Strecken.

Wir hatten uns also für Sonntag den Hafen Korpoströmen ausgeguckt, und hofften wenigstens ein paar der 30 Meilen segeln zu können. Aber, der Wind blies durchgehend aus West, uns also genau entgegen, und das bedeutete halt 4,5 Stunden unter Motor in Mitten vieler segelnder und motorender Yachties zu fahren. Ganz klar, es ist Hauptsaison, und dann war noch Sonntag. Entsprechend voll wurde der Hafen ab spätem Mittag. Dazu kam die Lage, die wir anhand der Seekarte nicht ganz so eingeschätzt hatten. Korpoströmen liegt im Süden einer langgestreckten Insel, und genau gegenüber einer anderen Insel. Somit liegt man direkt an einer Fahrrinne, was zu stetigem Schwell im Hafen führt. Schwab, glucker, schaukel, plätscher…und dazu viel Trubel am Steg und Hafenrestaurant. Mit anderen Worten: wir waren nicht glücklich und planten um.

Und nun kommen wir zum ersten Hafenbanausen-Typ. Dieser nutzt die Vorteile des Hafens, wie Lebensmittel einkaufen, Frischwasser tanken, in Ruhe kochen und essen und dabei alle Batterien mit Landstrom befüllen. UND MACHT DANN DIE BIEGE. 😎

Kaum abgelegt, setzte auch der schon früher erwartete Norostwind ein, und wir setzten Segel. Da war es 17 Uhr, wir ganz erholt und erfrischt und hatten alle Zeit, um ein paar Meilen weiter zu fahren. Die Ankerstelle hatten wir uns mit Blick auf die nächtlichen Winde (eher gering) aus der Seekarte heraus gesucht. Nichts Offizielles – wir waren ja nun wieder im weniger besiedelten Teil des Archipels unterwegs – aber wir sind da ja mittlerweile recht mutig, was das Heranpirschen an große Steine angeht.

Ankerstelle bei Kälö

Man könnte ja nun vermuten, dass ein echter Hafenbanause auch gleichzeitig ein wahrer Ankerheld ist. Bei diesem Typus fällt der Anker an genau der richtigen Stelle und hält sogleich bombenfest. Der ausgewählte Ankerplatz bietet sich zudem als Badestelle an – YEAH, wir schwammen im 16,7 Grad warmen Wasser einmal um CARLOTTA herum – und die Cockpitlage ermöglicht einen romantischen Blick in den Sonnenuntergang. Abgerundet durch eine perfekt-ruhige Nacht kann der Ankerheld stolz auf sich sein.

Wenn es denn eine ruhige Nacht gewesen wäre… 😡 Gerade hatten wir uns schlafen gelegt, als CARLOTTA ordentlich durchgeschüttelt wurde. Das Schiff rollte gewaltig von rechts nach links, und wir verbrachten ein paar bange Minuten, um dann sicher zu sein, dass der Anker hielt. Gleichzeitig erinnerten wir uns, dass zuvor eine große Fähre weit entfernt im Norden vorbei gefahren war. Nie hätten wir es für möglich gehalten, dass deren Wellen bei uns ankommen! Anscheinend lagen aber keine Felsen mehr im Weg, die hätten bremsen und mildern können. Also prüften wir mittels Vesselfinder, wie viel Berufsschifffahrt hier nachts noch so ihr Unwesen treiben würde. Wir erkannten eine Hauptverkehrsroute mit mindestens noch zwei Fähren, die ihre Wellen zu uns senden würden. Aber bei den beiden blieb es dann zum Glück auch.

Und nun folgt mal ein Foto, was sich farblich komplett von denen der letzten 14 Tage unterscheidet:

Tatsächlich war es am Montag Morgen grau und ungemütlich. Mit dem einem Vorteil, dass wir vormittags etwas segelbaren Wind nutzen konnten und dies halt mal wieder in Fleece und Softshelljacke verpackt. Bis ca. 12 Uhr sollte Südostwind wehen, um dann wie abrupt um 180 Grad zu drehen. Leider aber auch nicht ganz auf Nordwest, denn den hätten wir noch etwas nutzen können, stattdessen kam er wieder von vorne. Und nur mal für alle, die sich wundern, dass wir nicht kreuzen: es gibt einfach zu viele Steinchen, die ein häufiges, wendiges Kreuzen nötig machen würden. Und das macht mit CARLOTTA nur Spaß und Sinn, wenn frischer Wind weht, nicht bei lauen Lüftchen. Und sollte beim Kreuzen dann mal was nicht klappen, gibt es einfach zu schnell Löcher im Rumpf…wer will die schon?? 😥

Als nächstes Ziel hatten wir uns Sandvik, den Nordhafen von Krokör ausgesucht, der als Naturhafen mit Steg sowie mit vielen Ankerplätzen in einer großen Bucht empfohlen wurde. Die Insel kannten wir ja vom Süden her, als wir einige Tage in Karlby verbrachten, insofern planten wir zuerst mal wieder das Ankern ein.

Am darauf folgenden Morgen leerte sich der Hafen zügig, und wir zogen um. Das besondere an Sandvik ist also, dass der Hafen an einem riesigen Felsen liegt, der flach ins Wasser abfällt. Daher also ein “Naturhafen”.

Es war ja nicht so, dass wir von vornherein wieder “Hafenbanause” werden wollten – der gute Wille war wirklich da! Zuerst mussten aber die wesentlichen Aufgaben erledigt werden: Waschmaschinenzeit buchen und Frischwasser tanken.

Unsere gute Absicht, die zweite Nacht am Steg zu verbringen, wurde dann aber innerhalb kürzester Zeit zerstört. 🙁 Wie meistens, lag es auch hier an den Menschen. Der Chef im Hafen konnte kaum sprechen, geschweige denn Lächeln. Sein Mitarbeiter im Shop war ähnlich strukturiert, und die stetig einlaufenden Schiffe und ihre Skipper machten es nicht besser. Wenn ich schon sehe, wie Motorbootkapitäne längs am Steg festmachen, wo eigentlich mindestens zwei Segelyachten hinpassen, oder wenn Skipper die Untiefenzeichen vorm Steg ignorieren und sich wundern, wenn sie mit lautem Wums bzw. Knirsch festsitzen und dann laut schimpfend (meinte er wirklich seine Frau, die nicht am Steuer stand…??) versuchen, frei zu kommen. Dann steigt der Fluchttrieb in neue Höhen, und der Wäschetrocknungsprozess wird mit Blicken angefeuert.

Um diesen wirklichen Hafenbanausen zu entgehen, suchten wir uns ein neues Ziel im Westen und entdeckten in unserem Hafenguide eine superschöne, bewaldete Bucht. Zwei interessante Erlebnisse gab es auf der Strecke dorthin, die wir aber nicht mit Fotos festhalten konnten. Leider, leider, denn der Seehund war wirklich putzig. Wie das Seerohr eines U-Boots tauchte der Kopf an der Wasseroberfläche auf, drehte sich hin und her, begutachtete alles, was er sah und – verschwand wieder in der See. So sweet!

Das andere war ein Felsen, den wir bei einer Wassertiefe von 4 Meter 60 eigentlich problemlos überqueren konnten. Just in diesem Moment bog unser Schiff von alleine um 90 Grad links ab. Eine Stromleitung war hier nicht verzeichnet, so dass der Stein wohl sehr Metallhaltig und somit magnetisch aufgeladen war und unseren Kompass beeinflussen konnte. Schon merkwürdig, so was zu erleben.

Zur Abendstimmung trafen wir in Möholm ein und konnten dort, trotz vieler ankernder Nachbarn, eine herrliche geruhsame Nacht verbringen. DAISY ließen wir daher auch erst am Morgen starten.

Ankerbucht Möholm

21.7. vom Privatsteg Kasnäs via Korpoströmen nach Kälö – 28. Etmal
38 Seemeilen: 8 Segel / 30 Motor

22.7. von Kälö nach Sandvik/Hamnosund auf Krokör – 29. Etmal
24 Seemeilen: je 12 unter Segeln bzw. Motor

23.7. von Krokör nach Möholm – 30. Etmal – 24 Meilen unter Motor