Finde den Ankerplatz…

Wir haben Björkö am nächsten Morgen wieder verlassen, da alle Wetterberichte ein aufziehendes Sturmtief meldeten, bei dem man besser nicht ankert, sondern einen geschützten Hafen anläuft. Allein mit dem Lesen dreier Wetter-Apps – die übrigens nie die exakt gleiche Vorhersagen treffen… – und dem Studieren aller Hafenguides, Google und iSailor verbrachten wir schon mal eine Stunde nach dem Frühstück. 🙂

Wenn es ein naheliegender Hafen sein soll, sind die Möglichkeiten je nach Windrichtung gewaltig beschränkt, und so fuhren wir einfach wieder in Richtung Jurmo, dessen Hafen wir ja bisher nur vom Kai her kannten, der aber gegen Südostwinde perfekt geschützt sein würde. Gemütlich zuckelten wir an einen Liegeplatz, um dann festzustellen, dass es das so dringend benötigte Wasser nicht am Steg gibt. Grrrr. 🙁 Sowas geht mal für eine Nacht, aber nicht, wenn der Tank fast leer ist und mindestens zwei Nächte Ankern folgen könnten. Nun gut, weitere Blicke auf die aktualisierten Wetter-Apps zeigten, dass das Tief später käme und wir erstmal ab mittags Westwind bekommen würden. Westwind – was war das noch??????

Wir trafen also weitere, notwendige Vorbereitungen, um wieder Ankern zu können und besuchten erneut den schnuckeligen Laden, in dem wir diesmal frische Brötchen und Butter erwarben. Gestärkt wechselten wir an den Fähr-Steg, um dort Frischwasser aufzunehmen. Das gibt’s nämlich doch im Angebot, aber eben nur an EINEM Wasserhahn, so dass man seinen Schlauch selbst anschließen muss. Kein Problem für uns, CARLOTTA ist bestens ausgestattet.

Gegen 13 Uhr motorten wir in Richtung Osten über eine fast glatte Ostsee. Und in solchen Momenten fällt es umso mehr auf, wenn Motorboote schnell von vorne oder hinten heran brausen, dicht an einem vorbei fahren und Wellengang verursachen. Micha ließ sich inspirieren und folgte der Empfehlung des Volvo-Mechanikers, den neuen Turbo ab und zu bei hohen Umdrehungen für ein paar Minuten laufen zu lassen. Während wir üblicherweise also mit max. 1800/2000 Umdrehungen fahren, drehten wir nun auf 3000 auf. Das Ergebnis könnt Ihr hier selbst sehen – und hören. Boa. Wir haben uns fast bei einem Segler entschuldigt, weil wir diese Welle verursachten. 😀

Das Wetter war einfach traumhaft und bei leicht auffrischendem Wind perfekt für einen Gennakereinsatz. Sobald unserer hochgezogen war, wehten ganz schnell drei, vier andere Leichtwindsegel hinter und vor uns.

Da hatten wir wohl einen Trend gesetzt… 🙂 Und während wir das gemütliche Segeln genossen, düste DAISY los und begleitete uns auf diesem Weg, vorbei an ein paar Inseln und einem Leuchtturm.

Lehnt Euch zurück, macht es Euch auch gemütlich und genießt die chillige Segeltour:

Rund drei Meilen vor der ausgewählten Ankerbucht nahm der Wind gewaltig zu, wir bändigten den Gennaker und motorten zu der Insel Rosala Hamnholmen (1.).

Nehmt Euch gerne etwas Zeit, um dieses Linienchaos zu durchblicken. Also rechts oben fängt die “1.” an. Da der Wind stark aus Nordwest durch die enge Pforte blies, probierten wir es etwas weiter im Südwesten (2.). Hm, zu wenig Platz zum Schwojen, dann 3. etwas weiter rechts, wo doch zu viele Steine im Weg lagen. Nun zu Nr. 4, wo wir vermeintlich zu nah an der Fahrrinne gelegen hätten, worauf wir uns endlich daran erinnerten, dass der Wind nachts einschlafen würde, so dass wir bei der Nr. 1 – und nun also Nr. 5 – doch gut liegen würden. Wenn denn der Anker gehalten hätte… 😯 Aufgrund der steilen Küste fuhren wir dicht heran, warfen das Eisen, schmissen 30 Meter Kette hinterher und warteten ab.

Der Wind drehte unser Schiff, und wir trieben los und trieben und trieben und… hörten den Anker über den Steinboden poltern. Nun gut, neuer Anlauf, Aufgeben war keine Alternative. Noch dichter ans Ufer heran fahren und alles von vorne. Ein paar bange Minuten…Yep! Nun hielt er, und wir konnten uns dem gemütlichen Teil des Abends widmen.

Ankerbucht vor Rosala Hamnholmen

Jetzt waren wir also genau in der Gegend angekommen, in der wir unsere Freunde treffen wollten – eben kurz vorm Festland, südlich von Turku. Inselhopping im Umkreis von 6-15 Kilometern stand nun an, und wir konnten uns die nettesten Häfen oder Buchten aussuchen. Angefangen bei Rosala, wo es ein Wikingermuseum geben sollte.

Hafen Rosala

In diesem Hafen wollten wir nun die Ausläufer des Sturmtiefs abwarten, was sich übrigens nicht so genau entscheiden konnte, ob es aus Südost oder Südwest in diese Bucht wehen würde. Und das Risiko einer Plätschernacht wollten wir nicht mehr eingehen und griffen zu extremen Mitteln!! 😀

Damit Ihr Euch in unseren Schrecken hinein versetzen könnt, haben wir mal das Mikro mitlaufen lassen. Wir empfehlen, die Lautstärke schön aufzudrehen…Das hier ist also VORHER:

Und nun die Anleitung für die Lösung aller Probleme!!! >> man nehme eine lange Yogamatte (Diana, verzeih uns ! 🙂 ), befestige vier Leinen an den kurzen Seiten und ziehe diese glatt unter das Heck. Und zwar genau an die Stelle, wo der Rumpf schräg nach oben verläuft und die Wellen in gemeinschaftlicher Bösartigkeit gegen schlagen.

Die unbegrenzten Möglichkeiten einer Yogamatte

Ich sage nur: PERFEKT ! So eine Stille im Schlafzimmer, während um uns herum viele Hecks beplätschert wurden. Damit sind wir auf der Glückseligkeitsskala ganz oben angekommen! 😀

Entsprechend ausgeruht spazierten wir am nächsten Vormittag in den Ort hinein und schauten uns das Museum an. > https://rosala.fi/en/ Einige Ausgrabungsgegenstände sowie das Leben der Wikinger werden hier auf einem Freigelände gut dargestellt. Die Wikinger nutzten schon vor rund 2000-2600 Jahren die Fahrrinne bei Rosala, um internationalen Handel zu betreiben oder auf Beutezug zu fahren. Ein kriegerisches, derbes Zeitalter mit vielen Göttern, Aberglaube und Ritualen.

Insel Rosala im Turku-Archipel

Zurück in unserer heimeligen Welt ergab sich das nächste Ansteuerungsziel von ganz alleine. Diesmal war der Inhalt bzw. die Leere unseres Kühlschranks der Maßstab…Der einzige größere Hafen im Südarchipel ist Kasnäs, so dass dort ein Supermarkt vorhanden sein musste. Bootsnachbarn reagierten mit äußerst ablehnendem Blick auf unsere Nachfrage, denn Kasnäs sei “nur zum Tanken und zum Pizza-Essen geeignet”. OK, das klang recht drastisch, und so näherten wir uns dem Hafen – passenderweise bei Regen – mit skeptischem Blick.

Und dieser negative Touch wurde umgehend verstärkt. Der Hafenguide verspricht eigentlich einen recht großen Hafen mit vielen Liegeplätzen, während man vor Ort die Gästeplätze ausschließlich im kleinen Innenbecken beim Fähranleger und der Tankstelle und direkt vor der Fischfabrik findet oder auf der Außenseite, wo der Schwell der vorbeifahrenden Schiffe erheblich ist. Hm, als ob Gäste hier nicht willkommen sind…Für uns also keine Frage: Einkaufsrucksack geschnappt, rein in den Laden,

und, während ich mich auf auf das Gemüse konzentrierte, machte sich Micha auf die Pirsch nach kuriosem Finnisch (wir leisten an dieser Stelle mal Abbitte, aber die Schreibweise macht uns einfach zu viel Spaß…kurze Erinnerung: Lakrizi-jogurtti, Meetvursti bzw. Pippiurinen… 😀 ).

Mummon Muusi Potatismospulver – mit Clementine

Und wer sucht, der findet auch…Mummon muusi mit Clementine… 😆

Wir halten Kasnäs noch das Restaurant beim Hafen zugute, da es uns ein Mittagsbuffet bot, bevor wir wieder ablegten. Vielleicht ist es dort auch bei Sonne schöner…und das Inselhinterland erst recht…aber der Hafen sieht uns sicher nicht wieder.

Wir verlegten unseren Liegeplatz nach Högsara, einer Insel im Westen, fast parallel zu Kasnäs und entschieden uns für den Nordhafen. Dort angekommen, hellte es zügig auf, und wir kümmerten uns zuerst um unser erstes Leck an Bord. Die Dichtung am Schließmechanismus der Salonluke war zerbröselt und schickte dicke Wassertropfen auf den Holzboden. Und als Micha anfing zu schrauben,

bot umgehend ein Bootsnachbar seine Hilfe an. Er hätte das Problem aus der Ferne identifiziert und könne mit einer Dichtung aushelfen. Wow, einfach so, super nett!!

Högsara Kejarshamnen

Hier im naturbelassenen und muggeligen Kejarshamnen war die Welt also schnell wieder in Ordnung, so dass wir also nicht Ankern, sondern bestimmt zwei Nächte bleiben würden.

14.7. von Björkör über Jurmo nach Hamnholmen – 23. Etmal.
32 Seemeilen: 15 Segeln – 17 Motor

15.7. von Hamnholmen nach Rosala/Notholmen – 24. Etmal
2 Seemeilen Motor

16.7. von Notholmen nach Kasnäs und weiter nach Högsara – 25. Etmal
8 Seemeilen Motor