Das Saisonende ist da

Petrus meinte es dann doch noch gut mit uns am vorletzten Tag in Boltenhagen und beendete den Dauerregen um 16 Uhr. Somit konnten wir den Baum an der Reling verstauen und alles für den Mast-Legetermin am Donnerstag früh vorbereiten.

Am letzten Abend an unserem Steg schauten wir mit vielen positiven Gedanken auf unsere Zeit in der Weissen Wiek zurück: die tolle Gemeinschaft inmitten lieber Boots-Nachbarn, der geschützte Liegeplatz in einer modernen Hafenanlage – neben Neustadt sicher die schicksten Sanitärräume an der Ostsee… 🙂 – Bootsbauer, die stets kompetent zur Verfügung standen und, unbedingt zu erwähnen, die äußerst leckeren Brötchen, die wir sicher vermissen werden.

Irgendwie schräg, aber auch total positiv, ist unser Schlafbedürfnis an Bord. Kaum wurde es an diesem vollbepackten, aktiven und abwechslungsreichen Mittwoch dunkel, setzte gemeinschaftliches Gähnen bei uns ein, und wir hielten uns gerade noch bis 21 Uhr im Salon wach. Leicht panisch weckte mich Micha am Donnerstag früh, da es schon acht Uhr war und wir eine Stunde später unseren Termin zum Mastlegen hatten. Wow, 11 Stunden geschlafen!!

Unter grauem, aber noch trockenem Oktoberhimmel verholten wir an den Werft-Kai und haben hier ein paar Eindrücke zum Mastlegen

Mastlegen in Boltenhagen

und den immer wieder beeindruckenden Ablauf in einem kleinen Video festgehalten:

 

Nun gehörten wir also zur Gruppe der Motorboote und genossen den Ausblick über ein Metall-befreites Deck, während unser Diesel uns nach Lübeck brachte.

Irgendwie hatte ich mir die Einfahrt bei Travemünde deutlich belebter vorgestellt. Aber an diesem grauen, regnerischen Herbsttag zum Ende der Saison hatten sich alle Freizeitschiffe und sogar die großen Skandinavien-Fähren verkrochen und ließen uns gemütlich vorbei an der „Passat“ am Priwall in Richtung Altstadt fahren.

Deutlich farbenfroher und endlich sonnig stellte sich zehn Minuten später im Industriegebiet von Travemünde der Unterschied zwischen Moderne und restaurierungsbedürftiger Historie dar.

Dann begann der spannende Teil unseres Überführungstörns: die Passage durch Lübecks Stadtkern. Auf diesem Foto lassen sich die drei Möglichkeiten gut erkennen: 

Im Westen der malerische Stadtgraben, der uns leider nicht genug Tiefgang bietet, in der Mitte die Trave, die gesicherte 20 Zentimeter Wasser unter unserem Kiel zur Verfügung stellt, und im Osten der Trave-Kanal, den wegen der Breite, Tiefe und meist hohen Brücken auch die Berufsschifffahrt nutzt.

Ganz klar, dass wir mitten durch wollten, um das historische Holstentor aus seltener Perspektive zu bewundern. Hierfür galt es allerdings, die Drehbrücke am Museumshafen zu passieren, deren Durchfahrthöhe je nach Informationsquelle zwischen 2,50 m und 2,85 m beträgt. Wenn das eigene Schiff dann 2,60 m aufweist – der Haltegriff am Steuerstand ist derzeit unser höchster, unverrückbarer Punkt auf CARLOTTA – braucht es eine gute Portion Optimismus oder eben einen Brückenwärter, der die Durchfahrt ermöglicht. Wir waren guter Dinge, da laut Internet eh um 17 Uhr eine Dreh-Öffnung vorgesehen war. Zur Sicherheit wählten wir die angegebene Handynummer, nur um gegen kurz vor fünf zu erfahren, dass diese Brücke derzeit überhaupt nicht mehr geöffnet wird.

Sowas kann uns ja nicht verschrecken, und so starteten wir kurzerhand den Motor, tuckerten zur Brücke und gaaaaaanz langsam weiter vorwärts. Bevor der Metallbügel uns final stoppen konnte – es fehlten genau 10 cm 🙁 – brachte uns der Rückwärtsgang wieder in Sicherheit.

Nun gut, dann halt durch die Hubbrücke am Anfang der Kanal-Trave. Dieser sahen wir hoffnungsfroh wegen der angegebene Durchfahrtshöhe von 2,95 m entgegen. Eine Brückenöffnung hätten wir per Funk oder telefonisch bestellen müssen, was sicher mit reichlich Wartezeit verbunden gewesen wäre. Nein, dann doch lieber mutig und im Schneckentempo mit Herzklopfen und angehaltenem Atem unter durch. Yep, 10 cm Luft nach oben reichten, und wir hatten es geschafft!

Gemütlich querten wir nun Lübecks Innenstadt, genossen das Farbenspiel entlang der Uferbepflanzung und kamen kurz vor der Dämmerung an einem Motorboothafen im Süden der Stadt an.

An dieser Stelle beginnt der Elbe-Lübeck-Kanal, auf dessen Strecke es keine Liegeplätze zum Übernachten gibt, und so tasteten wir uns wieder einmal vorsichtig durchs flache Wasser auf einen Steg zu. Beim zweiten Anlauf signalisierte uns CARLOTTA nur leichte Schlickberührung…der Hafenmeister empfahl uns aber lieber einen Sonderplatz am kleinen Ausflugsteg, da dort gesicherte 30 Zentimeter unter uns zur Verfügung stünden – auch, wenn der Travepegel sinken sollte.

Um 19 Uhr beendeten wir diesen langen Tag in Ankes’ Hafenpinte bei selbst gemachten Frikadellen und Kartoffelsalat. Danke, Anke!

Eine musikalisch untermalte Zusammenfassung dieser ersten Teilstrecke unseres Überführungstörns samt aller Emotionen könnt Ihr hier genießen:

Freitag früh legten wir genau in dem Moment ab, als ein größeres Motorboot vor uns in den Kanal fuhr.

Fein, dann waren wir ja schon mal eine Kleingruppe, die hoffentlich keine langen Wartezeiten vor bzw. in den Schleusen befürchten musste. Und so war es dann auch; an der ersten Schleuse Büssau wartete bereits ein kleines Motorboot, und sobald wir alle fest an den Schleusenmauern lagen, schlossen sich die Tore.

Rund 26 Kilometer lang ist die Strecke von Lübeck bis zu unserem Ziel, dem WSV Mölln, einem Sportboothafen am Ziegelsee. Dazwischen liegen fünf Schleusen mit einem Wasserhub von bis zu 4,50 m – bei der ersten sind es gerade mal 1,50 – was sich dann auf insgesamt 12 Meter Höhenunterschied zwischen Lübeck und Mölln addiert. Und das war jedes Mal ein kleines Erlebnis, wenn wir an der glitschigen Wand an den vorgesehenen Festmachergriffen stoppten, nach “oben” zur Schleusenöffnung schauten und die sprudelnden Wassermasser beobachteten, die für den Höhenausgleich sorgten.

Deutlich zu sehen, dass wir von Mal zu Mal gelassener parkten… 🙂

Letztendlich waren wir aber froh, die fünf Schleusen passiert zu haben und den Kanal am Möllner Ziegelsee zu verlassen.

Wir hatten uns den kleinen Sportboothafen ja schon am vorletzten Wochenende angeschaut, dem Hafenmeister unsere Ankunft avisiert und fanden dann auch einen perfekten Liegeplatz am Hauptsteg vor.

…ganz schön nackig so ein Segelschiff ohne Aufbauten… 😮

Und nun lasst Euch nochmals auf eine Reise durch den Kanal und die Schleusen bis zur Ankunft in Mölln mitnehmen – DAISY war natürlich dabei:

Was hatten wir ein Glück mit dem Wetter an diesem Freitag Nachmittag. Echt friedlich und schön der Hafen und eben auch der Blick über Mölln, oder??!!!

Für uns war dieser Trip allerdings noch nicht beendet. Wir hatten die Überführung genau so geplant, dass wir am darauf folgenden Wochenende in der Davids-Werft, bei unserem diesjährigen Winterliegeplatz in Mölln, an einen Workshop teilnehmen konnten. In kleiner Gruppe lernten wir direkt vom Werftchef und Bootsbauermeister David Konz alles über GFK-Reinigung bis zum Versiegeln,

Teakpflege und Holzreparaturen inkl. Lackierung und erhielten Tipps zu den sinnvollsten Produkten und zu Sollbruchstellen beim stehenden Gut. Hilfreich waren gerade die kleinen, individuellen Hinweise sowie der Einblick in die Technik, Kosten und den Aufwand, insbesondere beim Thema Antifouling versus Folierung.

Und das alles in einer modernen Werfthalle mit Fußbodenheizung bei bester Verpflegung – wirklich ein gelungener Workshop! Ich kann mir nun zukünftig überlegen, ob ich Kratzer oder kleine Löcher selbst laminiere oder doch lieber den Profi buche. 😉

Es war auch ein gelungener Saisonabschluss, die beiden Nächte noch in unserem schwimmenden Hotel zu verbringen, die Abende gemütlich im Salon ausklingen zu lassen ( – auch mal später als um 21 Uhr ins Bett zu gehen… 🙂 🙂 ) und die Pkw-hin-und-her-Fahrerei zu sparen.

Eine Woche haben wir CARLOTTA am Steg geparkt, um sie dann letzten Samstag aus dem Wasser zu holen. Schräg gegenüber vom Hafen befindet sich ein gewerblich genutzter Kai mit Siloanlagen, an dem die Werft das Auskranen durchführt.

Wenn ich schon Herzklopfen beim Passieren niedriger Brücken hatte, so wuchs die Unruhe überproportional an, sobald unser Schiff in den Gurten der Traverse hing und angehoben wurde.

Boa ey, dann der Schwenk auf den Lagerbock

und der Stabilitäts-Beweis kurze Zeit später, auf eigenem Kiel stehend mit Seitenstützen und ohne weitere Sicherungen. Ja, da versteht einer sein Handwerk.

Kurz schlug der Puls nochmals höher, als CARLOTTA dann per Hubwagen in die Lagerhalle gefahren wurde. Das unebene Kopfsteinpflaster und zig Löcher auf der Straße schaukelten jedes Fahrzeug – ob nun Schiff oder Pkw – gewaltig durch.

Wie schön, sie dann stabil und sicher im Winterlager zu sehen.

Unsere ToDo-Liste für die nächsten Monate ist mal wieder lang und reicht von notwendiger Motorwartung und Unterwasseranstrich bis zur Teakausbesserung und GFK-Pflege. Gardinenwaschen nicht zu vergessen… 😎

Irgendwie müssen wir ja den Winter und die lange Zeit bis zum Saisonstart überstehen!!!