Weiter von der Normandie in die Bretagne

Nach unserer anstrengenden Nachtfahrt haben wir erstmal die Hälfte des sonnigen Tages in Dielette verschlafen. Das hatten wir bitter nötig. Ließen uns dann aber doch von den Palmen an der Kaimauer zu einem kleinen Erkundungsrundgang locken. Es war ja auch spannend, die Funktionalität eines Barren-geschützten Hafens erstmals live von oben zu beobachten.

Links erkennt man das Bassin mit ausreichend Wassertiefe, wo wir lagen. Hinten in der Mitte die Barre, die noch etwas Wasser ausströmen lässt. Kurze Zeit später, war dann Ruhe, und hier vorne konnten nur noch Schiffe mit wenig Tiefgang liegen.

Es ist nicht viel los in Dielette. Eigentlich gibt es nur den recht modernen Hafen – und ein Kernkraftwerk, was man erfreulicherweise nicht direkt vor Augen hat. Dazwischen befindet sich eine Ansammlung von Straßen und Häusern inklusive eines vielfach gelobten Restaurants, das leider gerade Ruhetage hatte. Die hügelige Landschaft gefiel uns allerdings sehr gut und erinnerte uns an Englands südwestliche Gegenden. Besonders abends, als eine kleine Pferdeherde auf dem Hügelkamm umher trabte. Ein Fohlen tobte lebensfroh herum, wie frisch aus einem Rosamunde Pilcher Roman entsprungen. 😉

Meine Wanderschuhe riefen nach mir und verschafften mir am nächsten Tag wunderschöne Ansichten.

Die Barre schenkte uns am Dienstagmorgen unsere Freiheit erst gegen zehn Uhr, und wir setzten unsere Reise Richtung Süden fort. Kein Wind, eine glatte Wasseroberfläche und deutliche Anzeichen für die enorme Gegenströmung begleiteten uns.

Mutig hatten wir uns das kleine Archipel um die Insel Ile Chausey ausgesucht, um das Ankern ein zweites Mal zu probieren.

Unser Revierführer “Channel Havens” warnt natürlich vor den vielen Felsen in der Zufahrt – ha, was können die uns Schären-erprobten Seglern schon anhaben…???  😉 😉 – , beschreibt aber die kleine Insel und ihre Mooring-Möglichkeiten in den besten Tönen.

Nordseite der Ile Chausey – die Einfahrt ist von Süden

Leider kippte das Wetter, wie angekündigt, abends genau zu unserer Ankunftszeit und hüllte das attraktives Ziel in das ungeliebte Graubraun.

Kurze Zeit später lagen dort alle Schiffe auf dem Trockenen

Zu unserer Überraschung waren alle für uns nutzbaren Mooringbojen schon belegt, teils mit bis zu drei Segelschiffen (= eine Boje hält 15 Tonnen).

Einer Herrencrew gefiel unser Schiff…

Immerhin hatten wir so die Gewissheit, dass die Rinne wirklich ausreichend Wasser führen würde. Während wir fast längsseits einer Yacht festgemacht hätten, näherte sich Pascal, der Hafenmeister im Schlauchboot und empfahl uns, einfach den Zwischenbereich zu nutzen. An der vorderen Mooring half uns der Eigner des dort liegenden Bootes, und für die Hecksicherung übergaben wir Pascal unsere achterlichen Gurt. Diese Gurtrolle ist ja sehr typisch für den Heckanker-Einsatz in Skandinavien und wurde von den umliegenden Booten neugierig beäugt.

Warten auf den Hafenmeister Pascal

Für die Mooringmöglichkeit und die freundliche Hilfe zahlen wir gerne die zehn Euro Gebühren.

Unser “Mut” wurde leider nicht belohnt 🙄 . Der Tidenhub ist in dieser Region des Ärmelkanals ja immens und beträgt gut zehn Meter. Es strömte gewaltig durch die Mooringrinne, sechs Stunden von vorne und sechs von hinten. Dazu der auffrischende Wind – und das Kaschumpf-Getöse am Heck kannte keine Gnade. Da kapitulierte auch unsere Puffer-Yogamatte… gut, dass wir den Salon zu zwei Schlafkojen umbauen können.

Vormittags motorten wir die kurze Strecke nach Granville (es war unverändert grau in grau), in den nächsten Barren-Hafen, der Ankommende mit einer genauen Tiefenangabe begrüßt. Fein, 5,70 Meter reichten uns dicke.

Löchrige Hafenmauern in Granville…

So ein diesiger Tag bot sich für die “Große Wäsche” an, für die man in Granville keine Waschmaschine auf dem Hafengelände, sondern die naheliegende Laverie nutzen kann. Vor Ort waren wir angenehm überrascht und hatten unseren Spaß…

Zum Frühsport eignet sich dieser Hafen übrigens hervorragend! Granville hat bei Springtide zwölf Meter (!!!!) Tidenhub, und die war gerade vorbei…

Die Stadt wurde uns als besonders “französisch” empfohlen, und so machten wir uns am Folgetag bei herrlicher Sonne auf die Suche nach diesem Flair. Die vorgelagerte Halbinselspitze “Pointe du Roc”  ist komplett von einer Festungsmauer umgeben – schließlich mussten die herannahenden Piraten damals frühzeitig gesehen werden… 😉 – und die galt es zu erklimmen.

Von oben hat man zum einen einen herrlichen Blick über die großen Hafenanlagen der Stadt, zum anderen aber auch auf die andere, komplett andere Seite:

Ja, wir fühlten uns wirklich im Herzen einer historisch und künstlerisch geprägten, französischen Küstenstadt angekommen. Die kleinen Gassen mit ihren Cafés verstärkten den gemütlichen Eindruck.

Unser Höhepunkt war jedoch unsere Lunch-Entdeckung!!

Kurz mal in Google Maps nach lokalen Restaurants geschaut und über den Hinweis “Hausmannskost” gestolpert. Unsere Begeisterung kannte keine Grenzen mehr.

Ein gemütliches, eher britisch anmutendes Restaurant mit passender New Wave-Musik mit “The Cure” und “Killing Joke”, einer kleinen Tageskarte mit Haxe im Zitronen-Rosmarin-Sud (Daddy, die hatte ich…!!! 🙂 🙂 ) und einer extrem engagierten Kellnerin mit der wir dreisprachig konversierten. War das nett. Und lecker. Und erfüllend!

Zurück am Steg wartete die nächste nette Überraschung auf uns: die Herrencrew von der Ile Chausey kam vorbei, und deren Handy-Fotograf sprach uns an. Ihm wäre unser Schiffstyp aufgefallen und, er hätte ein paar Fotos geschossen… wow, weg war sie, die französische Distanz.

Mit Hilfe von WhatsApp kamen wir an seine Bilder und konnten uns beim Ablegen dieser Chartercrew mit einem Video und ein paar Fotos revanchieren. Sooo symphatisch!

Ach ja, der Blick in Richtung Ausfahrt ist wirklich sehenswert.

Wir liegen im sicheren Bassin in der letzten Reihe vor der Barre. Dahinter ging es einige Meter bergab, und weitere Meter hinter der Hafenmauer fielen auch noch trocken. Rechts an der roten Säule befindet sich eine kleine, rot-weiß gestreifte Anzeige, die bei 1,50 m Durchfahrttiefe anfängt. Da trauen sich dann die ersten Motorboote durch. Oben auf der Mauer befindet sich dann eine weitere Anzeige, die CARLOTTA ab 220 vertrauenswürdig erschien.

Ein negatives Erlebnis wollen wir an dieser Stelle nicht auslassen: Michas Sweatshirtjacke blieb auf einer Bank im Festungspark liegen. Keine zehn Minuten später kehrten wir zurück – und fanden eine leere Bank vor. Schade, da hat irgendeinem Idioten die Jacke auch gut gefallen. S..n..a..k..g.. (Bibi, du weißt, was wir geflucht haben… 😉 )

Am Freitag konnten wir die Barre mittags absturzfrei passieren und verließen Granville in Richtung St. Cast. Es war (mal wieder) diesig-grau, und laut Wettervorhersage standen uns 28 Meilen unter Motor bevor. Ha, weit gefehlt! Kaum ließen wir den Hafen hinter uns, bliesen uns elf Knoten Wind von der Seite an. Drei Stunden lang konnten wir herrlichst segeln, bis der Wind dann wieder einschlief. Ok, damit konnten wir leben. Abwechselnd hielten wir nach den viel zitierten Delphinen in dieser Region Ausschau

oder kümmerten uns um die Fensterreinigung, damit wir die hübschen Tiere auch von drinnen erkennen könnten… 🙂

12. Etmal am 29. Juni von Dielette nach Ile Chausey – 45 Meilen unter Motor (wir hatten wirklich versucht, zu segeln…)

13. Etmal am 30. Juni weiter nach Granville – 10 Meilen motorend