Kröslin lag eh auf unserem Weg

An der Stadt Stralsund wollten wir diesmal nicht wieder vorbeifahren und hatten uns daher Sonntagabend noch mit empfohlenen Sehenswürdigkeiten beschäftigt. Eine individuelle Stadtführung zu Fuß faßten wir schon mal ins Auge. Aber, es kam anders.

Um bei herrlichstem Sonnenschein geschützt draußen frühstücken zu können, zogen wir erstmals unser neues Binimi auf. Bei unserem Segelmacher hatten wir über den Winter ein Stoffdach nähen lassen, das auf das Gestänge unserer Kuchenbude passt und zwei variabel zu befestigende Seitenteile beinhaltet. Ziel war es, auch mit Sonnenschutz zu segeln und je nach Sonnenstand, hinten oder seitlich die Verlängerungsstücke anzubringen.

Als uns die Teile nach Großenbrode gebracht wurden, waren wir erst nach der Montage eingetroffen und vertrauten auf die uns bekannte Qualität des Segelmachers. Am Ankerplatz mussten wir nun feststellen, das etwas grundlegend schief gelaufen war. Der eine Reißverschluss passte überhaupt nicht zum Gegenstück an der Sprayhood, und die Halterung für die Seitenteile hielt nicht mal vier Windstärken stand. Boa, waren wir sauer. Das Binimi war nämlich recht teuer gewesen, da Kosten für Mehraufwand und Unwägbarkeiten inkludiert worden waren. Wir hatten das damals zähneknirschend akzeptiert und folglich ein perfektes Exemplar erwartet. Pustekuchen.

Etwas verstimmt, kontaktierten wir den Segelmacher, der ja in der Nähe in Greifswald beheimatet ist. Man bot uns einen Prüfungstermin am kommenden Vormittag in Kröslin an – immerhin. Ein Blick auf die Uhr verriet uns, dass die Hubbrücke bei Stralsund in genau 50 Minuten öffnen würde, so dass wir zügig klar Schiff machten und unter Motor rechtzeitig vor der Brücke ankamen. Um ins Achterwasser nach Usedom sowie weiter ins Stettiner Haff zu gelangen, gilt es diese Brücke sowie zwei weitere zu passieren – und danach richtet sich die Tourenplanung.

Mit rund 25 anderen Segelschiffen und einem Frachter warteten wir auf der Nordseite. Was sich dann abspielte, erfüllte mal wieder diverse Segelklischees. Angefangen mit: je älter und männlicher die Besatzung, desto weniger Schwimmwesten. Ergänzt um alle Hanse-Yachten, auf denen von meist jugendlich-dynamisch anmutenden Typen per se keine Rettungsweste getragen wird. Schaut man sich die Segler an, die zwischen den wartenden Schiffen umherfahren, um möglichst weit nach vorne zu gelangen, landet man wieder bei ähnlicher Spezies. Das Klischee wird abgerundet in dem Moment, wo die Brücke aufgeht und der Frachter sein Vorfahrtsrecht vorsichtshalber mit einem Hupton ankündigt. Es braucht dann einen zweiten kräftigen Ton, um den vorne drängelnden Schiffen – Typ: siehe oben – deutlich zu machen, wer hier nicht ausweichen würde.

Ja, wenn man es gerne etwas enger hat, haben auch drei Schiffe nebeneinander Platz…

Nach Passieren der Brücke verteilt sich das Feld schnell, und jeder setzte die Segel nach seinem Ermessen.

Wir wollten am Montag ja nur noch bis Kröslin und errechneten für diese 39 Seemeilen-Strecke mindestens sechs Stunden Fahrt. Der Wind kam perfekt von Nordost und trieb uns unter Genua den Strelasund hinab in den Greifswalder Bodden, zuletzt mit bis zu sechs Windstärken, die wir bei diesem Kurs kaum spürten. Außer durch den Blick auf unser Speedometer, das meist über sieben Knoten anzeigte. 🙂

Da hat man/n schon mal Zeit für einen Klönschnack… 😀

Durch diese Rauschefahrt kamen wir schon vor 18 Uhr in Kröslin an. Der Yachthafen ist recht modern, bietet sehr breite Gassen, hat einen netten Hafenmeister und, zu unserer Überraschung, weitere Nordship38-Besitzer. Somit haben wir eine netten Abend auf einem Schwesterschiff verbracht.

Mittels Vesselfinder sind wir ja auch wieder zu lokalisieren. (Hatte eigentlich jemand mitbekommen, dass man uns dort die letzten Wochen mit 400 Meter Länge und 86 Meter Breite geführt hatte??? Als Segelyacht, versteht sich. 😀 😀 )

Am späten Dienstagvormittag kam der Kuchenbuden-Experte der Tuchwerkstatt, erkannte sofort die Fehler in den Reißverschlüssen und im fehlerhaften Seitenteil-Prinzip, machte sehr konstruktive Verbesserungsvorschläge und zog mit allen notwendigen Materialien wieder ab. Dazu gehörten unsere Sprayhood, die Kuchenbude und alle Binimi-Elemente. Nun lagen wir etwas nackt dar 😎  . Hauptsache, alles wird repariert und das auf Kulanz, versteht sich…!!!

Die Wartezeit ließ sich gut nutzen, um unsere Fahrräder aufzubauen und eine Radtour ins benachbarte Freest zu unternehmen. Ein kleiner Fischer- und Sportboothafen, der bekannt ist, für die Stachelbeer-Baisertorte im Café Häppchen. Wir konnten natürlich nicht nein sagen und ließen es uns schmecken.

Außerdem begann die Schlauchboot-Zeit! Die ist dieses Jahr besonders erwähnenswert, da wir die Antriebsquelle von paddelnder Handarbeit auf Elektro-Torqedo umgestellt haben. 😉

Binimi & Co ließen leider erst Donnerstagnachmittag wieder von sich hören, so dass wir viel Zeit für Brotbacken, Deckpolieren, Care-Diesel-Tanken und Blogschreiben 😉 hatten.

Was lange währt, wird endlich gut! Noch einige spontane Ideen des Fachmanns, eine zusätzliche Steckschraube zum Straffen des dritten Gurts (ja, schwarz wird noch gegen weiß eingetauscht), und schon konnten wir im Schatten an Deck Abendbrot essen. Guten Appetit.

22. Juni
von Stralsund nach Kröslin
3. Etmal: 39 Seemeilen > 28 unter Segel, 11 mit Motor