Ankern mit allen Sinnen

Kaum waren die Segelmacher von Bord, setzte bei uns die Entspannung ein. Wir fühlten uns erleichtert und schauten befreit auf die weitere Reise. Erleichtert, weil wir nun ein wirklich funktionierendes und vor Sonne oder auch Regen schützendes Dach nutzen konnten – im Hafen oder beim Segeln. Und vor allen Dingen befreit, weil wir wieder die Hoheit über unsere Zeitplanung erhalten und das Warten ein Ende hatte.

Denn, wir hatten natürlich längst wieder neue Pläne geschmiedet, in die wir das Wetter für die nächsten 1,5 Tage, die Öffnungszeiten der Peenebrücke bei Wolgast und unsere Vorliebe, in der Natur zu Ankern, eingebaut haben. Klar, dass wir noch an diesem Abend wieder loswollten.

Uns beiden geht es dann ähnlich: wir werden von einer gewissen Unruhe gepackt, jeder Handgriff führt nur in eine Richtung und soll uns dem Ablegen zügig näher bringen. Micha konzentriert sich auf die Vorbereitungen an, und ich unter Deck; wir treffen uns dann sozusagen in der Mitte, ein Rundumblick, der Motor fängt an zu schnurren, und die Leinen werden gelöst.

Eine Stunde betrug die Fahrtzeit zur Brücke, die uns um 20.45 Uhr die Durchfahrt ermöglichen sollte. Wir waren, bis auf ein paar vorm Schilf dümpelnde Angelboote, allein unterwegs. Vereinzelt begleiteten uns Möwen und Kormorane, wir beobachteten regungslose Reiher auf der Pirsch und, wunderbarerweise auch an Land, das Seeadlerpaar, das oft über dem Krösliner Hafen gekreist war. Die Dämmerung setzte ein, und das Farbspiel des Sonnenuntergangs nahm seinen Lauf.

Während wir vor der Peenebrücke auf die Öffnung warteten, näherte sich noch ein holländischer Traditionssegler, der, mit perfektem Timing, genau nach uns die Enge passierte (und dahinter anlegte). Wir waren wieder allein. Kurze Zeit später erreichten wir das offene Achterwasser und peilten das westliche Ufer der gegenüberliegenden Usedom-Halbinsel an.

Das Nachtfahrfeeling verstärkte sich nun auch durch die geänderte Beleuchtung an Bord. Jedes Display, jede Digitalanzeige und alle Lampen können auf rötliches Nachtlicht umgestellt werden und vertiefen somit die beschauliche Abendstimmung. Die Augen konnten sich dann gar nicht mehr sattsehen an der Himmelspracht.

Um 22 Uhr fiel der Anker, und gleich danach auch wir in die Koje.

Tollstes Sommerwetter weckte uns am nächsten Morgen und verführte uns zu einem gefühlt endlosen lazy Frühstück in schläfrig-entspannter Atmosphäre. Bis Micha die Hummeln stachen, er erst alle Fenster putzte und dann beim Schwimmen und Schlauchbootfahren auf kreative Gedanken kam. Es dauerte nicht lange, und auch ich schwamm um Carlotta und Urmel herum.

Eigentlich unglaublich, dass ich Mitte Juni ohne Neopren in die Fluten sprang, aber, das Achterwasser hatte schon 20 Grad. Außerdem rückte die Wassertemperatur bei den folgenden Wasserspielen eh in den Hintergrund. 😉 Ich verweise an dieser Stelle auf das nächste Video, da ich in einer Beschreibung den Funfaktor kaum ausreichend vermitteln könnte, und überlasse Euch bis dahin Eurer Phantasie. 🙂

Am späten Mittag verschwand der Anker wieder in seiner Halterung, und wir segelten bei zunehmendem Wind in Richtung Rankwitz.

Gerade mal eine Stunde Fahrt, die uns in ein Fischrestaurant mit eigenem, kleinem Hafen brachte. Wir waren dort vor neun Jahren mal sehr gut essen und hatten die Anlegemöglichkeit in Erinnerung. Gedacht, getan, und schon drückten wir Carlotta zwischen zwei Dalben in eine (fast zu kleine) Box.

Während wir auf unsere Speisen warteten, türmten sich erste graue Wolken und kündigten die vorhergesagten Gewitter an. So sehr uns auch eine zweite Ankernacht erfreut hätte, waren wir heilfroh, diesen sicheren Parkplatz ergattert zu haben. Zu Recht. Zwei Stunden später ging die Welt unter. Es blitze und donnerte und prasselte so stark, als ob Petrus unbedingt einen Gegenpol zum bisherigen Sommerwetter schaffen wollte. Da verkrümelten wir uns eben in unseren Salon.
(P.s.: den kleinen Hafen können wir übrigens nur bei Ostwind wirklich empfehlen, da ansonsten starker Schwell vom Achterwasser reinschwappt und alles zum Schaukeln bringt).

Am Samstag früh um 08.45 Uhr erreichten wir die Zecheriner Hubbrücke und motorten bei Gegenwind über das Stettiner Haff nach Ueckermünde. Auf Anraten von Berliner Segelfreunden wählten wir einen Liegeplatz in der modernen Marina Lagunenstadt.

 

4. Etmal am 25.6. von Kröslin zum Ankerplatz im Achterwasser – 12 Meilen unter Motor
5. Etmal am 26.6. vom Ankerplatz nach Rankwitz – 6 Meilen segelnd
6. Etmal am 27.6. von Rankwitz nah Ueckermünde – 20 Meilen unter Motor