Ankern ist toll, oder ???

Nach drei Tagen Stadt- und Hafenleben auf Saaremaa standen uns die Sinne mal wieder nach ANKERN, und so ließen wir uns am Morgen des 17. Juli viel Zeit – schließlich ist es abends noch lange hell.

Bestes Gennakerwetter war vorhergesagt, und wir malten uns gedanklich einen endlos langen und unbeschwerten Segeltag aus. Bei guter Sicht hatten wir viele Stunden die REA, unsere Glückstädter Stegnachbarn aus Kuressaare hinter uns im Blick, bis Klaus und Ingrid am frühen Abend links zu einem Hafen abbogen. Wir haben die beiden fast etwas bedauert, als sie diesen Sonnensegeltag “schon” beenden wollten. Wir dagegen wollten erst im Osten Saaremaas stoppen und fuhren weiter. Wir fühlten uns wie im Tal der Glückseligen, auch, als wir bei einschlafendem Wind, mit dem Motor weitert schipperten.

So gegen 20 Uhr erreichten wir den anvisierten Bereich mit vier Meter Tiefe und wollten – mal eben – den Anker fallen lassen. Pustekuchen. Der schrubbelte sofort über den felsigen Boden und hakte sich nirgends ein. Ok, hoch damit und ein paar Meter weiter erneut probiert. Wieder rutschte der Anker über den Boden. Auch die zwanzig Meter Kette, die wir immer dazu fallen lassen, hatten keinen Einfluss.

Gut, dann fahren wir eben auf die andere Seite und legen uns vor Muhu hin. Dort erlebten wir das gleiche Spiel und kamen nun zu der Ansicht, dass wir uns wohl in einer Art Rinne aufhielten, wo die Strömung keinen Grundbewuchs zulässt (irgendeine Erklärung sucht man in solchen Momenten ja 🧐). Nun gut, aller Dinge sind drei, und so probierten wir es an anderer Stelle erneut – so schnell geben wir ja nicht auf. Wer will denn schon um 22 Uhr in einen Hafen einlaufen und 25 Euro für ein paar Nachtstunden bezahlen?? Nein, wir sind nicht geizig, aber uns hatte der Ehrgeiz gepackt – egal wie spät es war. Wie fast erwartet, hielt der Anker auch an der dritten Stelle nicht, und so nahmen wir Kurs auf den Hafen Lourananna, wo die Sonne übrigens gerade unterging.

Im letzten Gegenlicht nahmen wir den freundlichen Hafenmeister wahr, der uns zu einem Steg direkt hinter der Mole winkte und beim Anlegen half.

Kaum setzten wir einen Fuß an Land, nahm die positive Stimmung des muggeligen, kleinen Hafens Besitz von uns. Malerisch breiteten sich rosarote Farbschattierungen aus, Seeschwalben düsten knapp über die Wasseroberfläche hinweg und springende Fische ergatterten zu tief fliegende Insekten. Der naheliegende Wald und das viele Schilf am Ufer unterstützten die friedliche Atmosphäre in dieser lauen Sommernacht. Was für ein Genuss, hier zu sein! (Wer wollte eigentlich ankern????)

Mutig toppten wir das schöne Erlebnis am nächsten Morgen noch, als wir an der separaten Badestelle in die Ostsee eintauchten. 19 Grad Wassertemperatur sind zwar anfangs abschreckend kalt, dann aber herrlich erfrischend. Ein netter Klönschnack mit dem gut deutschsprechenden Hafenmeister Olaf rundete unseren ungeplanten Aufenthalt in Lourananna ab. Gerne haben wir die 25 Euro bezahlt. Und Muhu ist eben wirklich einen zweiten Besuch wert!

Der Wechsel zwischen leichtem (Gennaker-)Wind und fast Windstille setzte sich auch an diesem Tag fort und ließ uns, unser Ankerprojekt erneut in Angriff nehmen. Bewusst hatten wir uns eine Stelle in der Nähe zu einem Hafen ausgesucht – sicher ist sicher… 😆, lagen aber schon beim ersten Versuch fest. Dem Hochsommer entsprechend, umrundeten wir Carlotta mit ein paar Schwimmstößen und genossen den Sonnenuntergang vor Vormsi.

Der Wind nahm sich am Sonntag dann einen kompletten Ruhetag, so dass wir auf der kurzen, dreistündigen Strecke nach Dirhami das eiserne Segel frei laufen ließen. Auf der Bootsmesse in Düsseldorf hatten uns die Vertreter Estlands diesen Stopp besonders wegen des vorzüglichen Restaurants empfohlen. Außerdem liegt der Hafen im Nordwesten des Festlandes und würde uns als Absprung für den längeren Törn nach Tallinn dienen. Nach einem Blick auf Google Maps haben wir gar nicht erst versucht, die Gegend zu erkunden. Es gibt Wald, Wald und nochmals Wald. Wir füllten die zwei Sommertage mit Spaziergängen, bei denen wir Quallen vor dem Stranden bewahrten,

Ditschweltmeisterschaften austrugen, uns an springenden Fischen erfreuten und zu hemmungslosen Bremsen-Mördern wurden. Selbstverständlich genossen wir die wirklich köstlichen Gerichte im Strandcafé mit Blick auf die – zum Glück – vorbeiziehende Gewitterfront.

Der Wetterwechsel stand an und würde uns perfekten Wind für die Fahrt nach Tallinn mitbringen.

17. Juli von Kuressaaree nach Lourananna/Muhu
16. Etmal: 53 Meilen, nur 25 segelnd mit Gennaker

18. Juli von Lourananna nach Vormsi
17. Etmal: 37 Meilen, davon 14 segelnd mit Gennaker

19. Juli von Vormis nach Dirhami
18. Etmal: 21 Meilen unter Motor