Wenn Weihnachtsgeschenke endlich zum Einsatz kommen

Der Nordwestwind passte uns am nächsten Morgen perfekt, und so setzten wir unseren Törn im zügigen Tempo fort. Kurz vom Ankerplatz nach Concarneau rein zu fahren, wäre bestimmt richtig gewesen. Die Stadt und der Hafen sollen wirklich schön sein. Aber, es war grau und kalt und fing früh an zu Nieseln. Laut Wettervorhersage käme der Sommer in Kürze – je südöstlicher wir in der Biskaya vorankämen, desto besser.

Immerhin konnten wir unseren Gennaker nutzen – bis es wieder fette fünf Windstärken wurden, und wir die längere Flußzufahrt in die Region Lorient doch lieber unter Genua zurücklegten. Erst waren wir etwas erschrocken, als wir uns den von uns ausgesuchten Hafen St.Catherine in Locmiquélic näherten. Genau gegenüber ist nämlich viel Industrie angesiedelt. Aber, dann wies uns eine nette, gut englisch sprechende Hafenmitarbeiterin einen schönen Liegeplatz zu – und wir starteten unsere Erholungstage. Wer unser letztes Video schon gesehen hat, weiß, warum wir ganze drei Tage hier blieben. Es wurde sommerlich warm, wir konnten einfach tun und lassen, was wir wollten und erholten uns vom Kälte-Segeln. Immerhin hatten wir jetzt die ersten 1000 Seemeilen zurückgelegt.

Danach begann eine herrliche Hochsommerwoche in einer der attraktivsten Gegenden der (küstennahen) Bretagne.

Die Insel “Belle Ile” trägt ihren Namen sicher zu Recht, und unser Revierführer gibt zahlreiche Tipps für herrliche Ankerplätze oder auch Häfen. Die tollste Bucht ist nur bei nordöstlichen Winden sicher zu nutzen – und, was wehte uns um die Ohren?? Yes, Nordostwind. Mittags fiel unser Anker in Ster-Vraz, und keine Stunde später nahm unser Fuhrpark Format an. Micha war nicht zu Bremsen, bis Schlauchi und beide Boards neben CARLOTTA schwammen.

Es wehte noch gewaltig, und die Wassertemperatur hatte auch kein echtes Bikiniformat – 16,7 Grad 🙄 – so dass wir unsere Neoprens rauskramten. Und, schwups, saßen wir auf den Boards und paddelten in der Bucht herum. Ihr müsst wissen, dass ich mein Board Weihnachten 2020 geschenkt bekommen habe und Micha sich seins inklusive eines Surfriggs im Frühjahr gekauft hatte. Kurzum, wir beide haben diesen Sport noch nie im Wasser ausprobiert. Aber, es flutschte super, wir saßen, lagen und standen auf den Boards und fielen tatsächlich jeder nur einmal ins Wasser. Und das war eher erfrischend 🙂 .

Eine traurige Situation gibt es aus dieser Bucht leider zu berichten: wir hatten zuvor einen kleinen, niedlichen Hund beobachtet, der am Strand mit und zwischen seinen Begleiterinnen wild und freudig hin und her sprang. Diese wanderten dann weiter an den Klippen entlang. Später, als wir mit den Boards gerade in Strandnähe waren, wurden wir um Hilfe gebeten. Der kleine Hund wäre vom Wanderweg abgerutscht, und man bat uns, wasserseitig an die Klippen zu fahren. Man, bin ich da hingedüst, habe gerufen und gepfiffen, aber leider nichts gehört und gesehen. Ist auch echt steil, felsig und zerklüftet dort. Sooo schade. Und die Besitzerin ist dann weinend nach Hause gefahren. Total traurig und schrecklich.

Wandern muss auf Belle Ile auch sehr schön sein; immerhin geht es immer entlang der Klippen und natürlich auch quer übers Land. DAISY hat es gefallen, so dass wir schönes Material für den nächsten Film haben.

Tags drauf sind wir sechs Meilen weiter in die nächste südliche Bucht motort und haben bei Port Goulpher das Eisen fallen gelassen. Noch mehr tolle Felsformationen, noch mehr SUP-Spaß – wie es im Sommer am Wasser sein sollte. Jaaaaa, es war endlich soweit. Wir hatten Hochsommer und genossen es in vollen Zügen.

Dazu gehört, dass wir unsere Decksalonyacht morgens verpacken. Wir befestigen Sonnenschutz außen vor den Salonfenstern, decken die Sprayhood-Fenster sowie die Decksluken von außen zu und lassen so möglichst wenig Wärme unter Deck. Das klappt ganz gut. Total kontraproduktiv ist es dann, wenn ich koche… Der Gasherd fungiert nämlich gut auch als Heizung, wenn beide Flammen in Betrieb sind. Aber, was ist die Konsequenz? Entweder bleibt die Küche kalt oder man/frau geht anschließend ne Runde schwimmen… 😉

Je nach Länge der nächsten Etappe ziehen wir das Dinghi hinter uns her oder verstauen es „luftlos“ unter einer Heckbank – das lässt sich nämlich schnell wieder aufpumpen. Die Boards passen angeleint gut aufs Vorschiff –

und so erreichten wir unseren dritten Ankerstopp in dieser Gegend. Die Insel Ile d’Houat soll über einen der schönsten Strände in der Bretagne verfügen – noch so ein Superlativ, was wir leider nicht erkunden konnten.

Die Ankerbucht liegt nämlich auf der südlichen Seite, und wir ankerten umgeben von vielen, vielen Booten weit ab vom Strand. Den Mut bzw. das Vertrauen, unsere Boards oder Schlauchi mit Torquedo unbeaufsichtigt am Strand zu parken, haben wir nicht. Also paddelten wir lieber ordentlich entlang der vorgelagerten Felsen – und auch an einer deutschen Segelyacht vorbei. Auf unser „hallo Nachbarn“ folgte ein freudiges „kommt doch an Bord“. Die sympathische Familie aus Solingen verbringt ihren Urlaub auf ihrer Yacht und segelt vom Jahresliegeplatz in La Rochelle aus in der Gegend herum. Prima für uns, da wir viele lokale Tipps erhielten. Dankeschön.

Nach drei Ankernächten mit dem von uns ungeliebten Strömungsschwell peilten wir die Marina Port Crouesty an. Es klang ja aber auch äußerst viel versprechend, wenn sogar der Revierführer von einem exzellenten Supermarkt direkt am Hafen berichtet 😉 . Hauptsächlich ist das aber unser Ausgangspunkt, um in den Golf von Morbihan hinein zu gelangen.

In Port Crouesty ist das Hafenmeisterteam in mehreren Motorbooten unterwegs und passt Ankommende frühzeitig ab, um einen freien Platz zuzuweisen. Man schickte uns weit hinten durch in die Gasse zwischen die Stege O und P, was uns einen Fußmarsch zum Supermarkt von nur wenigen Minuten bescherte. Klasse, immerhin waren die Obst- und Gemüsevorräte verbraucht und wollten für die nächsten Ankertage wieder aufgestockt werden. Umso länger war der Fußweg zur Capitanerie 😯 !

Zum ersten Mal auf unserem Törn war es kein Wetter zum Spazierengehen oder dergl. Es war soooo heiß, über 30-32 Grad im Schatten, und wir verkrochen uns größtenteils unterm Bimini auf Carlotta. Ich konnte an der Hafenpromenade auch kein attraktives Restaurant entdecken, was nicht nach Touri-Bude aussah. Dazu viele kleine Geschäfte mit Mode und Souveniers – Shopping bei 32 Grad braucht aber auch niemand… 😉

Viel besser war es auf der anderen Straßenseite: hier gibt es u.a. einen tollen Bäcker, der sogar Dinkelbrot im Angebot hat, eine schöne Buchhandlung mit Presse-, Tabak- und nettem Schnickschnackerzeugnissen inkl. Wein UND – tata – ein Restaurant-Highlight. An diesem Dienstag um 12.30 Uhr waren fast alle Plätze auf der Terrasse reserviert, und es trudelten Büroleute und Handwerker in Gruppen aus der Gegend ein. Das ließ doch wahrlich hoffen. Das Mittagsmenü mit Antipastibuffet zur Selbstbedienung, Tagesgericht und Dessert wurde für 13,50 € angeboten – und war unfassbar lecker. Dazu aufmerksame Kellnerinnen, ein singender Koch und eine rustikale Chefin, die für jeden einen netten Spruch auf Lager hatte. Also, wer jemals in Port Crouesty ist, dort müsst Ihr Essen gehen.

Rundgenudelt waren wir nachmittags nur noch fürs Hafenkino zu haben. Auch hier trudelten stetig neue Gäste ein, leider viele französische Urlauber bzw. Charteryachten mit und ohne Kinder. Ich fand es erschreckend, wie schlecht viele fürs Festmachen vorbereitet waren und/oder zu schnell in die Gasse fuhren. Immerhin wehte es ziemlich…es fehlten Leinen, die Crew inkl. der Kinder wurde an die (falsche) Lee-Seite geschickt, viele konnten keine Klampen belegen. Wir haben geholfen, wo wir nur konnten (inkl. des Abfenderns unseres Schiffes gegen den Rumps der neuen Nachbaryacht…!!!). Es ist halt Haupturlaubszeit, und für Franzosen vielleicht normal so.

Quelle Wikipedia

Der Golf von Morbihan ist ein Muss – das sagt dir wirklich jeder – und so planten auch wir unseren Ausflug in diese besondere Inselwelt. „Eine Insel für jeden Tag des Jahres“ lauten örtliche Stimmen – zumindest bei Niedrigwasser. Ansonsten sieht man rund 60: gesperrte, naturgeschützte, private und zwei größere Urlaubsinseln. Und vor allen Dingen ordentlich Strömung, besonders in der schmalen Zufahrt. Wir waren ja schon Einiges aus dem Ärmelkanal oder auch kurz vor und nach Camaret-sur-Mer gewohnt. Aber das hier sprengte in unserer Wahrnehmung alles. Bis zu 14 Knoten sollen es sein – und wir hatten bei unserer Passage gegen Mittag bereits fünf, die uns auf über 10 Knoten Fahrt beschleunigten, äh, durchwirbelten und/oder versetzten. Das setzt sich dann in abgeschwächter Form im Archipel fort.

Wir hatten uns extra eine lange Bucht mit Sandstrand zum Übernachten ausgeguckt und hofften dort wenig Strömungsunruhen zu erleben. Weit gefehlt. Keine Stunde hielten wir es dort aus, an gemütliches Planschen war nicht zu Denken. Anker auf, Motor an und „bessere“ Buchten gesucht. Gemäß der Revierführer gibt es an den „schönsten“ Stellen Mooringbojen und deshalb wenig Platz für zusätzliche Ankerer. So erlebten wir es auch, und hätten auch eine Boje genommen – wenn denn eine frei gewesen wäre. Urlaubszeit halt. Gegen 15 Uhr erschien uns ein Bereich vor der Küste recht attraktiv, und wir gönnten uns Badedspaß rund um Carlotta. Micha bot einen Wassertaxi-Service an und setzte mich an den Felsen ab, so dass ich eine schöne Wanderung entlang der Küste bis zum nächsten Ort unternehmen konnte.

Klickt Euch doch mal durch die Bilder-Galerie, vielleicht steigt Euch ja auch der sommerliche Blumen- und Pinienduft in die Nase.

Mittlerweile war klar geworden, dass wir auch an diesem Platz lieber keine Nacht verbringen wollten. Der stetige Strom an Ausflugsdampfern und sonstigen Motorbooten passte nicht zu unseren Vorstellungen eines Sommerabends. Also, nochmal neu und “Segler-unkonventionell” gedacht: wer braucht schon eine Felsenküste als Windschutz, wenn sich der Bug eh zur Strömung ausrichtet und das Cockpit zugeweht wird und/oder die Welle gegen das Heck schlägt? Wo finden wir am wenigsten Strömung und können gleichzeitig das Heck in Richtung Land ausrichten? Anti-Mainstream sozusagen!

Genauso eine Stelle fanden wir vor den Austernbänken von Larmor-Baden. Um 19 Uhr querten wir die Bucht, ankerten auf fünf Meter Tiefe, bekamen den Wind voll auf die Nase und hatte eine herrlich ruhige Nacht im Heck.

Bonne soiree und gute Nacht.

 

21. Etmal am 13. Juli vom Ankerplatz bei Concarneau nach St. Catherine/Locmiquélic – 30 Meilen, davon 28 gesegelt;  bei Ankunft im Hafen hatten wir seit Hamburg insgesamt 1004 Meilen zurückgelegt (und davon fast die Hälfte unter Segeln)!!

22. Etmal am 16. Juli von Locmiquélic zur Insel Belle Ile – 28 Meilen unter Motor

23. Etmal am 17. Juli weiter im Süden der Insel nach Pt. Goulpher – 5 Meilen gesegelt, 1 Motor

24. Etmal am 18. Juli zur nächsten Insel Ile d’Houat – 15 Meilen unter Motor

25. Etmal am 19. Juli ans Festland nach Port du Crouesty/Arzon – 12 Meilen, davon neun gesegelt

26. Etmal am 21. Juli in den Golf von Morbihan – insgesamt 16 Meilen von Bucht zu Bucht motort