Schöne, kleine Hafenstädte

Wenn wir in einem Hafen festmachen, gibt es ja immer die Kombination aus Ort bzw. Stadt und Marina. Manchmal ist jeweils nur das eine attraktiv, manchmal will man sofort wieder weg und ganz oft passt beides gut zusammen und erfüllt unsere Wünsche.

Unser erster Hafen nach Lagos gehört noch knapp zur ersten Variante und ist für uns naturliebende Fahrtensegler nur in der Nachsaison für zu ertragen. In Vilamoura erhielten wir zwar perfekten Service durch das Hafenteam, waren aber doch entsetzt von der Wucht der Partymeile an der Promenade. Den schönsten Augenblick dort halten wir mal mit diesem Foto fest:

Unser Ziel war es ja, die neuen Lithium-Batterien mal für mehrere Tage am Ankerplatz in der Lagune bei Faro, vor der Insel Culatra auszuprobieren. Jeder schwärmt von der Insel, die bei Niedrigwasser endlose Sandspaziergänge ermöglicht. Leider erwischten wir bei unserer Ankunft eine Wetter- und Strömungslage, die uns das Ankern gewaltig vermieste, so dass wir doch den nächstgelegenen Hafen anpeilten. Eine Entscheidung, die wir nicht bereuten.

Olhao und seine Marina bilden wahrscheinlich ab nächstem Jahr eine fast optimale Kombination für Besucher. Da im Hafen noch viel modernisiert wird, muss man derzeit leider noch einige Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen. Ansonsten ist es echt nett dort.

Eine schön gestaltete Promenade, und ein Ort, den wir als wenig touristisch und noch sehr ursprünglich erlebt haben.

Schmale Gassen – mal mit Mosaik,

mal schlicht und mal mit farbigen Akzenten.

Dazu die obligatorische und schön gestaltete Kirche,

die besonderen Gästen ein Zuhause bietet.

Auch hier war es das grandiose Farbenspiel der Sonne, das uns morgens um sieben Uhr sprachlos machte.

Durch unsere nächste Etappe nach Ayamonte, verließen wir die Algarve und erreichten Andalusien. Somit ließen wir auch Portugal hinter uns und betraten wieder spanischen Boden. Und das haben wir dort wirklich gerne gemacht, da Ayamonte ganz klar zur dritten Variante gehört. Ok, einen Aspekt muss ich erwähnen, damit niemand dort ohne ausreichenden Mückenschutz hinfährt. Der Ort liegt direkt am Fluß Guadiana und an einem Sumpfgebiet, so dass fiese, kleine Stechbiester sofort bei Dämmerungsbeginn aktiv werden.

Sobald man von der am Hafen vorbei führenden Hauptstraße hinter die erste Häuserreihe tritt, gelangt man in eine schnuckelige und sehr sympathische Fußgängerzone. Viele Geschäfte und Cafés liegen in den Gassen oder an wunderschön gestalteten Plätzen.

Die bunt gefliesten Bänke sind wahre Hingucker.

Ganz zufällig fanden wir auch einen kleinen Yachtshop mit einer sehr rührigen, englischen Besitzerin, die für ihre Kunden alles ermöglichte.

Tja, und dann hatten wir auch noch perfektes Hochsommerwetter an unseren drei Tagen in Ayamonte. Abends um 19.30 Uhr waren es immer noch über 25 Grad Außentemperatur, und da ließen wir uns diesen Anblick vom Cockpit aus gerne gefallen.

Natürlich erwartete uns an unserem Abreisetag wieder ein begnadeter Sonnenaufgang. Diesmal erst draußen auf dem Meer, da wir bereits morgens im Stockfinsteren ablegten. Außer den blinkenden Fahrwassertonnen gab es zuerst wenig Beleuchtung in der Mündung des Rio Guadiana. Sobald wir die Engstellen und Untiefen hinter uns gelassen und Segel gesetzt hatten, konnten wir uns etwas entspannen. Und nahmen den Vollmond und seine Spiegelung auf der Wasseroberfläche wahr.

Dann segelten wir dem Sonnenaufgang entgegen.

Wie schon im Video beschrieben, genossen wir einen langen Segeltag bei stetiger Windstärke 5, raumem bzw. halbem Wind und wenig störender Welle. Das war einer der Tage, an denen das Segeln eigentlich nicht enden sollte. Zumindest eine kleine Verlängerung haben wir uns gegönnt und sind, statt nach Chipiona, direkt durch bis Rota, kurz vor Cadiz gefahren.

Eine Konsequenz hat aber so ein langer, durchaus anstrengender Segeltag bei uns: wenn wir den Hafen erstmal erreicht haben, wollen wir auch zügig am finalen Liegeplatz zur Ruhe kommen. Zumal, wenn es dann dunkel wird.

Davon trennte uns – wie immer – der Eincheck-Vorgang mit seinen Formalismen. Wir hatten uns angemeldet und gegen 17 Uhr unsere späte Ankunft avisiert. Spät, weil die Öffnungszeit in der Nachsaison schon um 17 Uhr endete.  Wie gewünscht, stoppten wir am Tankponton vor dem Hafenbüro und – standen vor verschlossenen Türen. Wir hatten uns schon auf eine unruhige Nacht an diesem Wackelponton eingestellt, als doch jemand erschien. Ok, Ausweise und Bootsdokumente geschnappt und rein ins Büro. Innerhalb der nächsten 15 Minuten trafen noch zwei (!!) weitere Mitarbeiter ein, Computer wurden gestartet, Dokumente kopiert, Daten erfasst. Und schließlich sollten wir noch ein Formular ausfüllen. Noch eins. Da reichte es mir. Ein paar Eckdaten habe ich ausgefüllt, der Mitarbeiter nahm das Papier so hin, und wir konnten endlich an unseren Liegeplatz fahren.

Am nächsten Morgen taperten wir durch die Stadt und erhielten im Tourist Office den Hinweis auf einen Fahrradverleih. Eigentlich ein Ladengeschäft mit Reparaturwerkstatt.

Der Junior konnte Englisch und vermietete uns die zwei besten Fahrräder, die wir seit Juni jemals in einem Hafen ausgeliehen hatten. Große City-Bikes mit Shimano-Gangschaltung. Wow – und wir brausten durch die Straßen und auf den Strandwegen entlang. Ist schließlich in der Nachsaison erlaubt.

Gerade bei diesen Radwegen macht das echt Spaß.

Ich kann mich nicht erinnern, in Deutschland schon mal so einen Fahrradkreisverkehr gesehen zu haben. Grandios!

Außerdem zog es uns zu den Chamäleons! Ja, die sollte es dort nah dem Botanischen Garten wirklich geben. Ein wunderschöner Holzsteg führt durch die Dünen, wir banden die Räder fest und spazierten mit wachem Blick durch die Landschaft.

Leider entdeckten wir keins dieser Reptilien, waren aber um eine landschaftlich-attraktive Erfahrung in Rota reicher. Und einfach happy, diese schöne Gegend bei diesem spätsommerlichen Sonnenschein erleben zu dürfen. Ganz klar ein Hafen an einer Stadt, die gemeinsam zur dritten Kategorie gehören!

In Rota gelangen uns auch einige interessante Einblicke in die Innenhöfe bzw. Flure hinter den Eingangstüren der Privathäuser.

Und dann kamen wir wieder im Hafen an und sahen schon von weitem zwei Polizisten auf dem Steg entlang laufen. Ob die wohl zu uns wollten?? Na klar! Kaum erreichten wir Carlotta, wurden wir angesprochen und um unsere Ausweis- und Bootspapiere gebeten. Nicht, dass die am Vortag bereits eingescannt wurden… 🙁  Und während wir unsere Unterlagen übergaben, sah ich die Dokumente in den Händen der Polizisten. Das war doch das Formular, das ich – absolut rebellisch – nicht ordentlich ausgefüllt hatte… 😉 Das hatten wir nun davon. Aber, die beiden Polizisten waren super nett und zogen von dannen, sobald sie das Formular selbst fertig ausgefüllt hatten.

Da uns ja so großartige Fahrräder zur Verfügung standen (nur sechs Euro pro Tag), radelten wir auch in das weiter entfernte Industriegebiet zu einem Baumarkt. Im kleinen Nautik-Shop des Hafens konnte man uns mit einem dickeren Kabel für das kraftvolle Aufladen der neuen Lithium-Batterien nämlich nicht helfen. Beim Baumarkt leider auch nicht, dafür aber mit dem Hinweis, es in einem Küchen- und Beleuchtungsgeschäft zu probieren. Das war der perfekte Tip. Und schon waren wir um ein gequetschtes Kabel und Micha um neuen Halsschmuck reicher 😉 .

Ganz nach dem Motto “Irgendwas ist ja immer”, entdeckte Micha bei einem Rigg-Check auf Carlotta einen lockeren Bolzen im Lümmelbeschlag des Baumes. Augenscheinlich war ein Sicherungsstecker abgebrochen, so dass sich dieser Sicherungsbolzen frei bewegen konnte. Unter Segel hätte das echt zu einer Katastrophe führen können.

Uns wurde einmal mehr vor Augen geführt, wie hoch die Materialbelastung bei monatelanger Schiffsnutzung eigentlich ist. Gerade auch, weil wir soviel Wellengang und somit Druck auf das Rigg erleben. Wie gut, dass wir bisher immer alles frühzeitig entdeckten und entsprechend reagieren konnten. Und somit stand nun fest, dass wir Rota am nächsten Tag verlassen würden, da es dort keinen Werftbetrieb bzw. eine Bootswerkstatt gab. Zum Glück waren es bis Cadiz nur gut sechs Meilen, also eine Stunde Fahrt, und dort konnte es uns der nautische Betrieb im Hafen sicher helfen.

Mir persönlich machte diese Aktion einmal mehr etwas deutlich: fast täglich stellen wir uns neuen Aufgaben, setzen uns mit Unbekanntem auseinander und wissen oft nicht, was uns genau erwartet, wenn wir los segeln oder an einem neuen Liegeplatz ankommen. Die Komplexität aus Routenplanung, Navigation, Wetter, Schiffsführung, lokalen Gegebenheiten, Sprache und Kultur ist gewaltig. Natürlich ist Micha der Technik-Profi von uns, aber ich lerne regelmäßig technische Zusammenhänge und verstehe unser Schiff – auch nach drei Jahren noch – mit jedem Tag besser.

Wenn dann ein früherer Kollege in einem Telefonat davon berichtet, dass er es gerne auch ruhiger angehen lassen, aber nicht ganz ohne Beratungsprojekte sein möchte, um “sein Gehirn aktiv zu halten”, könnte ich ihm glatt, dass Fahrtensegeln empfehlen. Mir fehlt die Beratungswelt nicht im Geringsten. So viel Flexibilität und Kreativität wie mein Hirn seit Monaten zeigen muss, da dürften sich ausreichend neue Zellen und Synapsen bilden 😉 😉 . Das oben genannte Motto könnte man somit auch so formulieren: “Irgendwas ist ja immer – neu und anders”. Gut so!

Gute Nacht Rota.

54. Etmal am 16. Oktober von Lagos nach Vilamoura – 27 Meilen, davon 13 segelnd

55. Etmal am 17.10. weiter nach Olhao – nochmal 27 Meilen, aber nur motorend

56. Etmal am 18.10. bis Ayamonte – 35 Meilen bei Windstille unter Motor

57. Etmal am 21.10. weiter bis Rota – ganze 69 Meilen und davon 64 wunderbare unter Segel