Nochmal Pt. Crouesty – diesmal im Päckchen bei Starkwind

Die Entscheidung, abends im Golf von Morbihan umzuparken, war goldrichtig. Also Abendlicht-Gold sozusagen.

So friedlich, wie die Abendstimmung aussieht, so war es dann auch. Wunderbar ruhig. Vormittags ließen wir es wieder aktiver angehen und setzten unseren Wasserspaß fort: schwammen – immerhin im 22 Grad warmen Binnenmeer, SUPten und fuhren dann dicht an die Austernbänke heran.

Es war Ebbe, so dass man die Gestelle im flachen Wasser gut erkennen konnte.

Die Bretagne gilt ja als Zentrum der traditionellen Austernzucht: in diesem Fall liegen die Säcke, in denen die Austern heranwachsen auf ufernahen Gestellen (sonst auch in grobmaschigen Behältern auf Tischen) und können bei Niedrigwasser gut kontrolliert bzw. geerntet werden. Die bodenferne Lagerung sorgt außerdem für schlammbefreiten Geschmack. Austern sind robust und können bis zu zehn Tage außerhalb des Wassers in ihrer dicken Schale überleben.

Meinetwegen dürfen die Glippertierchen gerne noch lange ungeschlürft im Wasser schwimmen…ich persönlich habe nämlich eine unangenehme Erinnerung an meinen ersten Austernversuch als 14jährige Austauschschülerin in Frankreich… 🙁  seitdem kann ich den Hype um Austern nicht verstehen. Micha geht es zum Glück ähnlich.

Zurück an Bord schauten wir (wie so oft zwischendurch) auf die Wettervorhersage für die nächsten Tage und sahen, dass das Sturmtief noch früher eintreffen würde. Unser Anker würde in dieser Bucht auf jeden Fall Windstärke 6++ aushalten; unser Wohlfühlfaktor an Bord wäre dann aber beendet, so dass wir uns am frühen Abend wieder auf den Weg nach Port Crouesty machten.

Und, das war nicht unsere dümmste Idee…allerdings waren wir mit dieser Planung am Donnerstag auch nicht alleine. Vielmehr zog es alles und jeden vor dem Starkwind in den Hafen, so dass wir um 19 Uhr nur noch einen Platz als Dritte in einem Päckchen am Kopfsteg dicht an der Hafeneinfahrt erhielten. Und gleich mit klarer Ansage, dass ein Wechsel bis Sonntag aussichtslos wäre. Nun gut, wir hätten es schlechter treffen können, denn unsere Päckchennachbarn waren beide nicht an Bord. Wir konnten unkompliziert über die Boote steigen, ohne jemanden direkt zu stören. Zwar waren es zwei leichtere und etwas kürzere Yachten als unsere, aber eine Landleine konnten wir zum Glück noch ausbringen.

Zeit für eine kleine Abendwanderung war auch noch. Noch war ja kein Sturm da.

Freitag Abend zeigte sich dann die Problematik mit dem zweiten 3er-Päckchen an dem Kopfsteg. Auch dort war die Außenyacht ein großer, schwerer Klopper, der sein Dinghi – an Davids aufgehängt – als Verlängerung des Hecks “nutzte”. Wir beobachteten mit Sorge die zunehmende Schiffsbewegung zu unserer Rettungsinsel – vor allen Dingen, da wir uns nicht weiter nach vorne ziehen konnten. Auch bei diesem Päckchen waren die Besitzer des Stegliegers nicht an Bord – und die Familie des Außenschiffes räumte ihren Dampfer leer und verschwand. Die Hafencrew würde sich um die Verlegung der Yacht kümmern… 😮 . Na fein. Gemeinsam mit dem Ehepaar des mittleren Schiffes nahmen wir eine Erneuerung der Festmacher-Situation vor. Der Steglieger hatte nur zwei Leinen im Laissez-faire-Modus am Steg festgemacht, so dass es dringend eine Spring benötigte, die wir aus eigenem Bestand holten. Dazu sicherten wir unsere Rettungsinsel mit Fendern und einem weiteren Gurt ab.

Mittlerweile war es 22.30 Uhr, und wir machten uns auf eine unruhige Nacht gefasst. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Nähe der “Dinghi-Yacht” auch ihr Gutes hatte: immerhin hielt diese uns den größten Teil des Atlantik-Schwells vom Leib 😉 . Trotzdem tönte es kurz vor Mitternacht zwischen Windgetöse und Schiffsbewegungen von Micha: “…wir haben doch ein schönes Haus aus Stein in Deutschland…”

Am nächsten Tag wechselten sich Regen sowie Leicht- und Starkwind ab; wir blieben an Bord und hatten einen guten Blick auf die hohen Wellengang draußen vor dem Hafen. Staunend beobachteten wir zwei, drei Segelboote, die Port Crouesty verließen – einer sogar nur mit Außenborder 😮 – und alle nach spätestens 30 Minuten zurückkehrten. Das konnte auf dem Meer wirklich keinen Spaß gemacht haben…

Echt blöd war, dass die Mitarbeiter der Capitanerie erst bei andauernder Windstärke sechs am Nachmittag begannen, Schiffe im Hafen zu bewegen. Die wußten, was sie zu tun hatten, auch bei so viel Wind. Echt unerfreulich aber, wenn unaufmerksame Yachties zu schnell aus den Gassen fahren und diese Manöver nicht erkannten. Ab und zu ging es gut, ab und zu “traf” man sich bzw. schob sich ein Bug auch schon mal in eine “gegnerische” Reling. Es gab reichlich zu beobachten – und dann natürlich auch selbst zu erleben. Immerhin passierte eins der Malheure auch bei unserem “Dinghi-Freund”, wodurch das komplette Schiff gegen unseres gedrückt wurde… 👿 Ging aber nochmal gut.

Und nun war endlich die Zeit gekommen, dass ich den Hafen-Shuttle-Service in Anspruch nahm.

Über Funk um ein Wassertaxi gebeten, wenige Minuten später von CARLOTTA umgestiegen, nach zwei Stopps am Supermarkt angekommen und 20 Minuten später, wie besprochen, wieder abgeholt und einkaufsbeladen wieder bei uns abgesetzt. Wow, das hat super geklappt.

Wir haben also wirklich zwei äußerst unterschiedliche Aufenthalte in Port Crouesty erlebt – eine Station, die wir auf jedem Fall empfehlen können.

Für uns ging es am Sonntag bei Sonnenschein und schönem Rückenwind gerade mal vier Stunden südwärts weiter nach Piriac-sur-Mer.

Der Ort besitzt das Label “Kleinstadt mit Charakter” und besticht durch viele historische Wohnhäuser und Kopfsteinpflastergassen mit farbenfrohem Bewuchs. Der Hafen ist übrigens mal wieder einer mit Barre bzw. Sill zur Sicherung der Wassertiefe in der Marina.

Allerdings war die Haupturlaubszeit auch hier deutlich zu spüren. Für unseren Geschmack tummelten sich viel zu viele Menschen. Insofern blieben wir auch nur eine Nacht, nutzten früh das Hochwasser, um auszulaufen und verfluchten den fast komplett ausbleibenden Wind auf dem Weg nach Herbaudiere. Nach vier Stunden unter Motor kam der Wind – und wir bogen einfach schrägrechts ab. Warum jetzt schon in einen Hafen einlaufen, der ähnlich voll sein würde wie Piriac-sur-Mer und dort einen windig-grauen Tag verbringen?? Nö, da setzten wir lieber Segel und fuhren bei konstanten fünf Beaufort gleich weiter nach Les Sables-d’Olonne. Michas eindeutigem Sehnsuchtsziel!!! 😉

Aber auch ich war nicht zu bremsen, als wir die bekannte lange Mole entlang in die Marina fuhren:

Die Fackel von Boris Herrmann war zwar größer und leuchtender als meine, und er hatte an der Stelle auch 24.000 Seemeilen (44.448 Kilometer) in 77 Tagen einhand um die Welt herum zurückgelegt. Aber, das schmälerte nicht unsere Freude und unseren Stolz, bis hierhin 1200 Meilen gefahren zu sein. Vielmehr freuten wir uns sehr über eine kleine Familie, die uns zuwinkte und “Bravo” rief.

Les Sables verfügt über zwei Häfen, wobei man im vorderen bei Industrie, Fischern und direkt an einer Straße nicht liegen will. Der hintere, Port Olonne, ist DER Hafen der Vendee Globe mit 1300 Liegeplätzen, wovon wir abends um 20.30 Uhr den letzten freien erhielten. Alle Schiffe, die nach uns kamen, mussten am Besuchersteg ins Päckchen, und wir zählten später bis zu vier Lagen 😮 .

Unser Blick vom Liegeplatz vor Kopf an Steg A

Wir haben viele Pläne für unseren Aufenthalt in diesem besonderen Hafen, also ab in die Koje.

27. Etmal am 25.7. von pt. Crouesty nach Piriac-sur-Mer – 20 Meilen, davon 17 gesegelt

28. Etmal am nächsten Tag durch bis Les Sables d’Olonne – 68 Meilen, davon 45 gesegelt