Die Surf-Saison beginnt

Wenn man sich die einzelnen Rias in Galizien anschaut, gibt es auf den ersten Blick unzählige Möglichkeiten zu ankern oder in Häfen zu übernachten. Auch unser Revierführer beschreibt die Vielfalt auf zig Seiten mit und ohne Fotos. Und dann werfen wir einen Blick auf die Wind- und Wettervorhersage und – schwups – reduzieren sich die Varianten erheblich.

Wir hatten nämlich immer noch starken Nordwind, der vor allen Dingen im Mündungsbereich bzw. im Osten der Ria Arousa für reichlich Unruhe und Schwell sorgen dürfte. Nein, davon hatten wir schon genug gehabt und wählten daher den Hafen Cabo de Cruz im Nordwesten dieser Ria als Ziel aus. Übrigens gilt meistens auch, je weiter ein Hafen vom Atlantik entfernt ist, desto günstiger ist er. In Cabo de Cruz war das auf jeden Fall so – und es gab schon Rabatt ab dem zweiten Tag 🙂 . Und sehr gut Englisch sprechende Marineros, super günstige Waschmaschinen (jaja, alle 14 Tage müssen wir auch darauf einen Schwerpunkt legen… 😉 ) sowie mal wieder Halsschmuck für Micha 😀

In diesem Hafen brauchte es einen besonderen Stromstecker

Einen weiteren Ausschlag für diese Gegend gab auch die naheliegende Landzunge, die wir mit den kostenlosen Fahrrädern der Marina erkundeten. Und das bei Hochsommer, denn der war endlich da.

Bei weit über 25 Grad radelten wir entlang der herrlichen Küste:

Passend zur Mittagszeit waren wir wieder im Hafen und wollten das kleine Restaurant ausprobieren. Es war 12.50 Uhr. Auf unsere Frage, ob wir jetzt etwas zu Essen bekommen könnten, schaute der Kellner auf seine Uhr und sagte knapp  “No”. Auf unsere Gegenfrage, ab wann die Küche denn geöffnet habe, sagte er: “13 Uhr” – Bravo, da hatten wir doch schon mal einen guten Start mit diesem Herrn 🙄 .

Wir suchten uns zwei Meeresfrüchte-Tapas aus und gingen, aufgrund der je € 15,- davon aus, dass es Beilagen gab. Unser Fehler, nicht zu fragen. Als die kleinen Teller kamen, half das erfragte Brot beim Sattwerden… irgendwie hatten wir an diesem Tag eine Kommunikationsbarriere, denn auch den erfragten Cappuccino verneinte er. Puh, na klar, heißt ja Café con leche – und den brachte er dann auch. Nur um bei der Rechnung, statt unserer zwei Bier (da hatten wir schlauerweise “Cervesas sin alcohol” bestellt) zwei Wasser und einen Kaffee für zusammen 3,50 € abzurechnen. Dem Mann war nicht zu helfen. Ach ja, Lächeln konnte er auch nicht.

Umso besser klappte die Verständigung am Abend mit unseren portugiesischen Stegnachbarn, die eine besondere Empfehlung für eine Bucht als übernächstes Ziel aussprachen. Und das im perfekten Englisch. Was für eine Freude, wieder umkompliziert loszuschnacken und nicht erst mit Hilfe von Google Übersetzer die richtigen spanischen Worte zu finden. Für unseren längeren Aufenthalt in Portugal wollen wir von Anfang an in die Sprache einsteigen und versuchen, mehr zu lernen. In Spanien macht das für uns aktuell keinen Sinn.

Erstmal wollten wir aber die heißen Temperaturen ausnutzen und vollzogen einen Wechsel aus der Marina zu einem Ankerplatz um die Ecke, vor dem Strand von Boiro.

Der Wind nahm ab mittags zu, und wir zündeten die zweite Stufe des Wassersports: Micha kramte sein neues Surfrigg raus und baute das Segel zusammen. Der eine oder andere erinnert sich vielleicht an heimische Fotos aus dem April diesen Jahres, und so kommen wir zur Rubrik VORHER / NACHHER.

Ich habe mich noch nicht getraut. Neopren hin oder her, dafür hätte ich wirklich gerne mehr als die 14 Grad Wassertemperatur, die aktuell in dieser Ria vorherrschten.

Warum wir trotz dieses herrlichen Sonnenuntergangs keine geruhsame Nacht in dieser Bucht erlebten und welche tierischen Besucher vorbeikamen, zeigen wir Euch im Video. Wir zogen auf jeden Fall am nächsten Morgen bei dichtem Nebel weiter und zwar direkt in die nächste Ria, die Ria Pontevedra.

Sobald wir die südwestliche Landspitze umfuhren, hatten wir einen freien Blick auf den Hauptort Sanxenxo mit seiner Marina und waren geschockt. Klein-Benidorm kam uns in den Sinn. Es reihten sich Hochhäuser aneinander, und der überladene Tourismus sprang uns geradezu entgegen. Nein, ich habe natürlich keine Fotos davon, und wir bogen dann mal schnell links ab nach Portonovo.

Dieser Hafen hat eigentlich kaum Gastliegeplätze, aber der Hafenmeister hatte nach unserem Funkspruch noch genau einen für uns übrig. Prima.

Als wir diesen Ort erkundeten, waren wir positiv überrascht.

Das Dorf schmiegt sich an den Hügel und bot uns einige schöne Ein- und Ausblicke.

An dieser Promenade findet sich auch eine Statue zu Ehren einer Journalistin (✝︎ 1920). Die hier gezeigte Frau mit Fischerkorb auf dem Kopf, soll den Beginn der Frauenrechte symbolisieren.

Da wir nun mittlerweile die vierte Ria erkundeten, liefere ich mal ein paar Erklärungen zu diesen geographischen Besonderheiten nach: Die Ria ist ein Küstentyp mit einer schmalen und langen, tief in das Land eindringenden Meeresbucht. Im Gegensatz zu Fjorden und Förden wurden Rias nicht durch Gletscher gebildet; sie gehen vielmehr aus Flusstälern hervor, die durch Überflutung von Festlandsflächen mit Meereswasser bedeckt wurden. Sie haben daher meist flachere Küstenverläufe und geringere Buchttiefen als Fjorde (aus Wikipedia).

Und speziell hier im südlichen (unteren) Galizien, wo die vier Rias die Rias Baixas bilden, findet man die Besonderheit der Muschelzucht. Stetig passieren wir diese charakteristischen Holzflöße für die Miesmuschel-Aufzucht und empfinden die Areale nicht gerade als optische Verschönerungen in der Buchtenlandschaft. Immerhin gibt es rund 3.300 in den vier Rias, die wir bereisen. Und leider begleiten uns Segler dabei auch die permanenten Motorgeräusche der Fischerboote 🙁 .

Und, wer schon mal einen Albariño getrunken hat, kennt den typischen Wein dieser Region. Rías Baixas ist nämlich auch die Bezeichnung für ein spanisches Weinbaugebiet in diesem Teil Galiciens.

Für uns ging es tiefer in die Ria Pontevedra hinein, nämlich nach Combarro. Eigentlich scheuen wir ja Ziele, die als touristisch attraktiv beschrieben werden, aber diese Hórreos wollten auch wir unbedingt sehen. Im Combarro findet man die größte Ansammlung dieser historischen Getreidespeicher, die aus Schutz vor Überschwemmungen auf vier Steinsäulen erbaut wurden. Meist wassernah, damit die gelagerten Produkte wie z.B. auch Kartoffeln und Zwiebeln per Boot transportiert werden konnten.

Wir spazierten durch die vielen, engen Gassen

und versuchten dabei die kleinen Geschäfte mit Souvenirs und Touri-Nepp zu ignorieren.

Der Hafen selbst wurde augenscheinlich mit Investorengeldern (aus-)gebaut und bietet optisch moderne Geschäftsräume für Gastronomie und Shops – mit viel Leerstand!! Daher ruft man wohl auch eine der teuersten Hafengebühren Galiziens auf, nämlich € 44 pro Nacht. Die zweite Einnahmequelle ist dann wohl ein Ausflugsboot, was täglich (auch mehrmals) unter lauter Musikbeschallung mit (bei der Rückkehr tanzenden) Gästen durch die Bucht fährt. Im nächsten Video könnt Ihr die Auswirkungen, die das auf Micha hatte, erleben… 😉

Schön gelegen, ist die Marina auf jeden Fall.

Der Ort schmiegt sich an den Hang und geht direkt in den Wald über. Ein Teil des portugiesisch-spanischen Pilgerwegs nach Santiago de Compostello führt hier entlang, und den konnte ich mir nicht entgehen lassen.

Zuerst ging es steil bergauf durch die schmalen Straßen der höher liegenden Wohngebiete.

Auch hier fand sich der eine oder andere Hórreo,

wobei es mir der Folgende besonders angetan hat. Immerhin bot er seinen zweibeinigen Bewohnern ein Zuhause… 😉

An der Ortsgrenze änderte sich die Lage nochmals erheblich für mich 😯

führte mich dann auf diesen herrlichen Wanderwegen

zu prachtvollen Ausblicken auf die Bucht (…muss bei Sonnenschein wirklich extrem schön sein 😉 ).

Meine Brotzeit hatte ich mir verdient! Bon Camino!!

Wir waren also wirklich zwiegespalten, was unseren Aufenthalt in Combarro anging. Natürlich trug auch das Wetter dazu bei. Morgens hatten wir Windstille und viel Sonne im Cockpit; ab mittags drehte der Wind und wehte uns mehr als erfrischend um die Nase. Ein Schauspiel war dann auch so eine Nebelfahne, die sich vom Meer kommend bis zum Ende der Ria schob.

DAISY sah sich das Ganze mal von oben an.

Andererseits beobachteten wir auch diese eleganten Schwimmer immer mal wieder in der Bucht.

Ach, was sind die schön anzusehen. Uns geht da jedes Mal das Herz auf, und wir können uns nicht sattsehen.

Nach drei Nächten war es an der Zeit, weiter zu ziehen. Und zwar genau in die Bucht, die uns die Portugiesen in Cabo Cruz, aber auch unser irischer Nachbar hier in Combarro empfohlen hatte. Ok, dann auf nach Aldan.

39. Etmal am 22. August von Portosin nach Cabo de Cruz – 29 Meilen, davon 16 segelnd

40. Etmal am 26. August von Cabo de Cruz bzw. Ankerplatz Boiro nach Portonovo – 18 sm unter Motor

41. Etmal am 28. weiter nach Combarro – nur sieben Meilen mit Motor